Böhm-Chronik




Bergbau im Mittelalter



Entwicklung des böhmischen und schlesischen Bergbaus bis zur Krise im 14. Jahrhundert

Bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts hat sich der Bergbau in Deutschland merklich entwickelt. Auch für den schlesischen Bergbau existieren entsprechende schriftliche Belege für jene Zeit. Der Bergbau in Böhmen erfuhr eine ähnlich gute Entfaltung. In dieser Zeit verbesserte sich zwangsläufig die Bergbautechnik, die erst seit dem 12. Jahrhundert aus den primitiven frühmittelalterlichen Formen heraustrat. Der Übergang zum Tiefbau anstelle des Tagebaus und den Grabungen von der Oberfläche aus, brachte Probleme der sogenannten "Wasserbewältigung" mit sich, denen mit neuen Verfahren und Hilfsmitteln begegnet werden musste. Anstatt das Wasser in Ledereimern mit Hilfe von Haspeln zutage zu fördern, wurden nun Stollen in horizontaler Richtung in das Gebirge getrieben und so das Wasser aus den Gruben abgeführt. Aus Böhmen erfahren wir zu Anfang des 14. Jahrhunderts, dass Wasser als Antriebskraft zur Hebung der Grubenwasser mit Hilfe von Rädern benutzt wurde. Auch im Deutschbroder Revier und in Kuttenberg arbeiteten Wasserräder. Daneben gebrauchte man mit Pferden betriebene Göpel. Während der Stollenbau für Kuttenberg und Iglau in Böhmen für das 13. Jahrhundert bezeugt ist, lässt er sich fuer Schlesien erst seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nachweisen.

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts benutzten die Hüttenleute in Schlesien Blasebaelge bei der Eisenverhüttung. Wahrscheinlich verdrängte der Stückofen zur gleichen Zeit die Rennfeuer mit offenen Herdgruben. Die ausgebrachten Eisenluppen hatten den doppelten Umfang. Im 14. Jahrhundert verbesserten die Hüttenleute die Ofen durch gut gemauerte Ofenstöcke. Zur Aufbereitung der Roherze wurde im 15. Jahrhundert der Sichertrog entwickelt, der die körperliche Arbeit erleichterte und zu grösseren Leistungen bei der Aufbereitung führte. Die Froschlampe ("Unschlittlampe") für den Mann unter Tage, die Verbesserung der Belüftung mit Blasebälgen der Grubenbaue kamen als weitere Neuerungen hinzu.

Die Phase des Fortschritts darf nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Verhältnisse im Metallerzbergbau in Deutschland seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts beträchtlich verschlechterten. Eindeutig wird der Niedergang des böhmischen Bergbaus bezeugt. Von 1351 bis 1420 ging der Ertrag des Kuttenberger Silbererzbergbaus so weit zurück, dass er nur noch die Hälfte der Förderung aus der Zeit zwischen 1290 und 1350 erreichte. 1348 war es zu schweren Wassereinbrüchen gekommen. Die Bergwerke der Umgebung von Iglau ersoffen 1378; dort haben die Grubenwasser den Bergleuten bereits seit Beginn des Jahrhunderts Schwierigkeiten bereitet. Deutschbrod war schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine arme Stadt. Auch in Eule ersoffen die Gruben, die dadurch verfielen. Böhmens grosse Bergbauzeit war zu Ende. Unbestreitbar ist auch, dass der schlesische Bergbau empfindlich zurückging. Herzog Ruprecht erklärte 1404, dass seine Gruben ersoffen seien. Um 1340 ging die Förderung in Bunzlau, Goldeberg und Löwenberg zurück; acht Jahre später stockte die Ausbeute in Nikolaistadt, wo der Bergabu 1370 endgültig aufgegeben werden musste. Das Ende des Beuthener Bergbaus gibt eine alte Sage mit dem Jahr 1363 an. Weil seine (wahrscheinlich Golderz)- Bergwerke keine Ausbeute mehr brachten, soll Herzog Wenzel von Liegnitz im Jahre 1364 in grosser Not gestorben sein.

Zwei Faktoren führten zu obigen Ereignissen. Die schwere Krise des Bergbaus - sogar des Edelmetallerzbergbaus - seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde von einer auffallend erfindungsarmen Zeit begleitet. Um 1400 lässt sich ein Tiefpunkt feststellen, den das Jahrhundert davor und auch das Jahrhundert danach niemals erreichten oder gar unterschritten. Wassereinbrüche, Versiegen des Bergsegens, zu wenig Entdeckungen neuer Fundstellen in Böhmen und Schlesien und unzureichende technische Mittel.

Die Hauptursache war jedoch die wirtschaftliche und politische Struktur der Gesellschaft, die die Entwicklung des Bergbaus und Hüttenwesens in arge Bedrängnis brachte. Die Gewerken kamen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bei der Silberlieferung nicht mehr auf ihre Kosten. Der Preis des einheimischen Silbers sank, während fremdes Silber die Quelle des reichen Gewinns der Händler wurde. Diejenigen, die unmittelbar vom Bergbau existierten, sahen sich in einer schwierigen Lage. Der gesetzlich festgelegte Silberpreis lag unter dem Marktpreis. Der böhmische Groschen verlor sein Ansehen wegen der zunehmenden Verschlechterung des Feingehaltes, besonders zwischen 1378 und 1419.

Eine böhmische Quelle des 14. Jahrhunderts behauptet sogar, dass die Teuerung durch die Preisregulierungen der Zünfte hervorgerufen worden sei.

Ein halbes Jahrtausend lag der grösste Teil des Bergbaus darnieder. Dann wendete sich das Blatt. Die von der Ausbeutung der Bodenschätze und ihrer Nutzung ausgehenden Einflüsse auf die Politik und Wirtschaft und auf das Leben und Denken der Menschen im 16. Jahrhundert in Mitteleuropa waren schon von Zeitgenossen nicht zu übersehen. Jakob Fugger, der rasch erkannte, welche Bedeutung der Bergbau hatte, stellte das Kapital zur Verfügung. Nun kam mit dem Einzelhandel für Schlesien die grosse Zeit, es wurde der grosse Marktverteiler für Erze: Kupfer, Blei und Gold, die in die Hüttenwerke nach Georgenthal in Sachsen und nach Nürnberg rollten. Über Schlesien ging auch der nächste Weg zur Küste, über Lübeck nach Hamburg oder Dänemark, von da nach Amsterdam und Antwerpen. Als der Wagenverkehr wegen der hohen Zölle immer beschwerlicher wurde, verlegte man sich daneben auch auf die Wasserwege.

Quelle:
"Jahrbuch der Schlesier" aus dem Jahr 2000

Artikel wurde freundlicherweise bereitgestellt von Reinhard Koperlik


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