Geschichte der Bergschulen von Tarnowitz u. Peiskretscham

1. Gründung und Finanzierung der ersten Grundschulen

Am 3.12.1769 wurde das Oberbergamt in Reichenstein eingesetzt. Bereits am 5.6.1769 wurde eine neue Bergordnung erlassen. Damit war die Grundlage zur Wiederbelebung und Erweiterung des schlesischen Bergbaues geschaffen.
Man erkannte schon früh, daß dazu ein Stamm von technisch geschultem Aufsichtspersonal notwendig sei. Die finanziellen Mittel zur Errichtung der ersten Volksschulen wurden aus den Knappschaftskassen und den Überschüssen der einzelnen Zechen bereitgestellt. Erwähnt werden diese ersten Schulen von: Eckersdorf und Schlegel in Glatz sowie zu Waldenburg, Gottesberg und Salzbrunn in Niederschlesien. In Oberschlesien ruhet zu dieser Zeit noch der Bergbau. Die Gelder waren aber sehr begrenzt und so beschränkte man sich auf das Lesen. Dieser unbefriedigende Zustand wurde mit Erlaß vom 29.10.1778 beseitigt. Jeder Bergmann sollte nun zwei zusätzliche Schichten im Monat fahren, und der Ertrag wurde der Knappschaftskasse zur Verfügung gestellt.
Hauptabsicht war es: Christlich unterrichtete, redliche und ehrliche Bergleute nach und nach anzuziehen, die Lesen und Schreiben können. Und der Unterricht sollte unentgeldlich sein!
Diese Vorschrift fand dann zwei Jahrzehnte später auch in Oberschlesien ihre Anwendung. Es entstanden daraufhin die Volksschulen zu Friedrichshütte, Königshütte, Gleiwitz, Malapane und Kreuzburgerhütte. Welche mit Gründung der zu diesen Anlagen gehörigen Werksansiedlungen für Kinder der Beamten und Arbeiter eingerichtet wurden. Diese fünf Werksschulen wurden im Jahre 1811 bereits von 303 Kindern besucht, weitere 171 Kinder besuchten 7 andere Schulen in Oberschlesien. Die gesamten Unkosten dafür wurden aus den o.g. Mitteln bestritten! Die oberschlesische Knappschaftskasse kam ihrer Verpflichtung zur Beihilfe zum Schulbesuch bis Ende 1886 nach. Dies war dann nicht mehr notwendig, ist doch mit Gesetz vom 14.6.1888 der Volksschul-Unterricht generell kostenfrei geregelt wurden.

2. Entstehung der ersten Tarnowitzer Bergschule

Ein großer Teil der Beamten im oberschlesischen Revier kam zunächst aus den Bergbaubezirken des Harzes. Der stetige Ausbau der Zechen machte es aber bald notwendig, selbst für den Nachwuchs Sorge zu tragen. Die Ausbildung der jungen Bergleute verlief aber noch weitgehend unorganisiert. Zunächst mußten sie sich mit allen anfallenden praktischen Arbeiten in den Gruben als sogenannte Bergburschen vertraut machen. War dies zur Genüge geschehen, wurden sie einzelnen Beamten als Gehilfen zugeteilt. Diese mußten dann neben ihren eigentlichen Dienstgeschäften für die theoretische Ausbildung der ihnen anvertrauten Fahrburschen, so wurden diese Lehrlinge nun bezeichnet, sorgen. Eine Entschädigung für diese zusätzliche Arbeit bekamen diese Beamten allerdings nicht, sondern man beschränkte sich auf eine freundliche Anerkennung durch die Behörde. Mit Verfügung des Oberbergamtes vom 6.1.1803 wurde dann aber die Einrichtung zweier Fortbildungsstätten in Tarnowitz und Königshütte beschlossen. Junge Bergarbeiter sollten außer der Schicht einen unendgeldlichen Unterricht in Lesen, Schreiben und Rechnen erteilt bekommen. Später wurde der Unterricht auf die Fächer Mathematik, Physik und Mineralogie erweitert. Für das Jahr 1803 sind 12 Schüler auf diese Weise im Tarnowitzer Bergamtsgebäude in je 4 Wochenstunden unterrichtet worden, wobei den Lehrkräften zunächst nur eine entsprechende Entschädigung in Aussicht gestellt werden konnte. Ein besonderer Eifer der Lehrkräfte an ihrer zusätzlichen Tätigkeit konnte so natürlich nicht verzeichnet werden, so daß in Königshütte der Unterricht bereits 1805 wieder eingestellt wurde. Auch in Tarnowitz konnte nicht von einem regelmäßigen Schulbetrieb die Rede sein, schließlich kamen noch die Kriegswirren hinzu, und die Mittel mußten weiter reduziert werden. Schließlich wurde im Jahre 1809 der Unterricht sogar in der Privatwohnung des Lehrers abgehalten. Ab 1811 übernahm Obersteiger Stroh den Unterricht. Dieser außerordentlich engagierte Lehrer führte die Aufteilung der Schüler in zwei Klassen an der Schule ein. Sein Eifer führte zu einer nachweislichen Verbesserung des Ausbildungsstandes. Dieser Sachverhalt wurde auch vom Oberbergamt anerkannt. Nach dem plötzlichen Tode von Stroh im Jahre 1822 wurde der Unterricht in Tarnowitz allerdings eingestellt, und in den nächsten Jahre erteilte dort nur der Markscheider Giehne, mehr unregelmäßig, in Zeichnen und der Markscheiderkunde wieder Unterricht.

3. Die Gründung der neuen Tarnowitzer Bergschule

Der große Aufschwung des oberschlesischen Bergbaureviers machte eine Reorganisation des Bergschulwesen unumgänglich. Der Ober-Einfahrer von Carnall entwarf die dazu notwendigen Pläne. Der Unterricht sollte in zwei Klassen erfolgen, von welchen die untere nur die Ausbildung von Steigern bezwecke, während die obere den Unterricht solcher Schüler übernehme, welche sich in der unteren Klasse als sehr tüchtig erwiesen haben, um künftig als Obersteiger, Geschworene, Einfahrer, Markscheider oder Schichtmeister verwendet zu werden. Das Ministerium erklärte sich mit den Vorschlägen einverstanden. Es erfolgte die Anmietung eines Lehrzimmers und der Ankauf von Zeichenutensillien. Die Schule wurde am 28. Januar 1839 eröffnet. Vormittags fuhren die Schüler ein, nachmitags wurde in vier Stunden an sechs Tagen die Woche unterrichtet. Voraussetzung zum Besuch der Schule war eine mindestens einjährige Anfahrzeit in den Gruben. Der Mangel an Steigern war aber mittlerweile so groß, daß im Zeitraum von 1840 bis 1842 eine Steigersonderklasse eingericht werden mußte. An zwei Tagen der Woche fuhren die Schüler dieser Klasse gar nicht ein, sondern nahmen ausschließlich am Unterricht teil. Als Lehrzimmer dient die Zechenstube der Friedrichsgrube.
Doch nach dem Weggang von Carnall geriet der Unterricht abermals in Stocken. Die zum Unterricht eingeteilten Lehrkräfte kamen ihren Verpflichtungen zum Teil nicht nach. Von Dezember 1850 bis September 1851 ruhte der gesamte Unterricht. Erst als die finanziellen Mittel im Jahre 1854 deutlich erhöht wurden, der Etat wurde auschließlich aus der Oberschlesischen Steinkohlenbergbau-Hilfskassse gedeckt, stieg die Schülerzahl an, und der Lehrplan wurde wieder vervollständigt. Am 10.10.1855 wurde ein eigenes Bergschulgebäude erworben. Am 1.4.1857 wurde nach Umbau des Gebäudes der neue Kurs mit 42 Schülern eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt nahmen die Schüler auch nicht mehr am praktischen Schichtbetrieb teil, sondern widmeten sich ausschließlich dem Unterricht. Man beschränkte sich fortan auf Besichtigungen und geognostische Ausflüge. Die Wochenstundenzahl wurde dadurch auf 48 Stunden erhöht. Die Schüler blieben für die Dauer von zwei Jahren in einer Klasse vereint. Der außerordentliche Aufschwung des Bergbaus in Deutschland nach 1870 machte dann eine Abkehr von diesem System notwendig. Man plante zunächste als Eingangsvoraussetzung die Versetzung nach Sekunda sowie die Trennung in zwei unabhängige Klassen von je einem Jahr Schuldauer. Nach vielen Verhandlungen mit dem Oberbergamt entschied man sich mit Wirkung zum Schuljahr 1874 zu folgender Umwandlung. Man verzichtete auf die höhere Schulbildung als Zugangsberechtigung, erhöhte allerdings die notwendige Anfahrzeit auf zwei Jahre, wovon ein halbes Jahr als Hauer gearbeitet werden mußte. Wöchentlich wurde je Klasse 36 Stunden Unterricht erteilt. Die Unterstützungen wurden jetzt nicht mehr als geschenkte Beträge, sondern als zinsfreie Darlehen gewährt. Dies galt aber nicht für Schüler der Staatswerke von Oberschlesien, deren Unterstützung blieb rückzahlungsfrei. Im Jahre 1889 wurde an 20 Schüler ein monatliches Darlehen von 450,- Mark und an nicht rückzahlbarer Unterstützung an 10 Schüler 150,- Mark pro Monat gewährt. Der Unterricht wurde nur durch einen Monat Sommerferien und 14 Tage Weihnachtsferien unterbrochen.
Im Jahre 1892 erfolgte ein erneuter Umzug in das Schulgebäude Carlshoferstraße. Als Direktor war Dr. Geisenheimer von 1874 bis 1899 tätig. Diesen Posten übernahm anschließend Prof. Schwidtal, der am 1.10.1900 aufgrund des wesentlich erhöhten Bedarfs an ausgebildeten Fachkräften ein 4-Klassensystem einführte. Im Jahre 1910 ist die Klassenanzahl auf 5 und 1918 auf sogar 6 erhöht wurden. Nunmehr besuchten fast 200 Schüler die Tarnowitzer Bergschule.
Obwohl Tarnowitz für den Verbleib beim Deutschen Reich am 20.3.1921 abstimmte, mußte die Stadt an Polen abgetreten werden. Der eigentliche Schuluntericht lief zunächst uneingeschränkt weiter, denn der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften war weiterhin sehr groß. Nur Prof. Swidtal mußte nach Breslau fliehen, woraufhin Bergassessor Fromm die Leitung der Schule übernahm. Im Januar 1924 erfolgte allerdings die Aufteilung in einen deutschen Teil, unterhalten vom Berg- u. Hüttenmännischen Verein in Gleiwitz, und einem polnischen Teil, der vom gleichen Verein in Kattowitz finanziert wurde. Doch diese zwei Schulen in einem Gebäude bestanden nur ein halbes Jahr lang, dann verfügte die polnische Kreisregierung (Wojewodschaft) in Kattowitz, daß nur noch in polnischer Sprache unterrichtet werden dürfe. Nur wenige Zeit später lösten die Polen die Bergschule in Tarnowitz völlig auf und verlegten sie nach Kattowitz.

4. Die Bergschule in Peiskretscham

Für die verbliebenen 14 deutschen Gruben in Oberschlesien mußte es aber auch weiterhin eine Bergschule geben. In Peiskretscham wurde das Gebäude des aufgelösten Lehrerseminars aufgekauft und ab Dezember 1924 konnte hier der Unterricht in wesentlich verkleinertem Rahmen durchgeführt werden. 1926 übernahm der neugegründete Oberschlesische Bergschulverein die Bergschule, die von Bergrat v. Oheimb bis 1934 geleitet wurde. Prof. Dr. Marx übernahm den Direktorenposten bis ins Jahr 1939. Anschließend leitete Dipl. Ing. Matheus die Schule.
Im II. Weltkrieg, als man den Zuständigkeitsbereich der Schule wieder auf die Gruben in Ost-Oberschlesien und jetzt auch in Mährisch-Ostrau ausdehnte,  mußten in Kattowitz, Beuthen und Orlau weitere Außenschulen eingerichtet werden. Man plante letztlich sogar eine Ingenieurschule in Beuthen. Die Besetzung von Peiskretscham durch die Sowjetarmee am 21. Januar 1945 beendete aber dann endgültig die lange Tradition der deutschen Bergschulen in Oberschlesien.

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