Geschichte der Waldenburger Bergschule
1. Der erste Unterricht in den Jahre 1800-1837
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war man auf Abwanderungen von Arbeitskräften aus den Bergbaurevieren Mansfeld und Wettin angewiesen. Doch bemühte man sich auch selbst, technisch geschultes Bergbaupersonal heranzuziehen. Dazu gehörten zunächst die Einrichtung von geeigneten Grundschulen. Aufgrund der großen Ausdehnung der Reviere war man im Gegensatz zu Oberschlesien allerdings nicht in der Lage, nur auschließlich von Bergmannskindern besuchte Elementarschulen einzurichten. Im eigentlichen Bergfach wurden die jungen Männer dann später von Grubenbeamten unterrichtet, die nebenamtlich für einige Stunden in der Bergunterkunft tätig waren. In den Akten findet sich ein Hinweis auf den Schichtmeister Crone, der vor 1800 bereits einen elementaren, geordneten Unterricht für das Gottesberger Revier erteilt hatte. Die Bergbeamten erhielten eine Entlohnung von 24 Reichstaler pro Jahr, dazu noch ein kleiner Betrag für Miete, Feuerung und Beleuchtung, wurde der Unterricht doch in ihren Wohnungen erteilt. Nach den Freiheitskriegen erschien die Notwendigkeit zur Einrichtung einer richtigen Bergschule immer deutlicher. Man fand allerdings keinen geeigneten Lehrer für die elementaren Unterrichsfächer und das Zusammenziehen der Schüler aus den umliegenen Gruben nach Waldenburg bereitete Schwierigkeiten. So blieb es zunächst noch bei dem unzulänglichen Unterricht in den jeweiligen Revieren. Die Lage wurde daduch verschlechtert, daß die Bergschüler wieder für volle Schichten, also 12 Stunden am Tag, neben ihrem bescheidenen Unterricht in die Gruben einfahren mußten.
2. Die Gründung der Waldenburger Bergschule
Schließlich kam es doch zur Gründung einer zentralen Bergschule für Niederschlesien. Das Oberbergamt reichte am 2.4.1838 einen Antrag zur Errichtung zweier Bergschule in Waldenburg und Tarnowitz ein. Der 1. Juli 1838 gilt als Gründungstag der niederschlesischen Bergschule. Der Schulablauf orientierte sich an der von Bergrat Erdmann am 19.6.1838 aufgestellten Vorschrift für Steigerklassen der Niederschlesischen Bergschule. Inzwischen war den Bergschülern auch wieder das Einfahren mit halben Schichten gestattet wurden. Der Unterricht umfaßte 12 Stunden pro Woche an drei Tagen und fand in einem Zimmer des Bergamtsgebäudes statt. Der Kurs dauerte zwei Jahre. Leider sind aus dieser Zeit keine Akten mehr vorhanden, eine vollständige Aufstellung der Kursteilnehmer ist daher nicht mehr möglich. Von einem regelmäßigen Schulbetrieb kann man aber immer noch nicht sprechen. Die nur nebenamtlich tätigen Lehrkräfte waren aufgrund ihrer eigentlichen Dienstgeschäfte nicht immer in der Lage, den Unterricht abzuhalten. Schließlich waren die Lerninhalte nicht mehr auf dem laufenden, wurde doch mittlerweile in Kupferberg und Reichenstein der metallische Bergbau betrieben. Eine erneute Reorganisation erreichte dann aber endlich das gewünschte Ziel. Der erste neue Kurs begann am 1.5.1847 mit 25 Schülern, die in zwei getrennten Klassen unterrichtet wurden. Die Stundenanzahl blieb gleich, jedoch mußten die Schüler an den Unterrichtstagen nur noch sechs und nicht mehr acht Stunden einfahren. Im Oktober 1847 wurde dann Bergrat Tantscher der neue Direktor des Bergamtes in Waldenburg. Ihm gelang es in Folge, den Bau eines neuen Bergschulgebäudes und die Einstellung hauptamtlicher Lehrkräfte durchzusetzen.
3. Chronologische Daten zur weiteren Entwicklung der Waldenburger Bergschule
1847
Der Kurs dauert 2 Jahre, der Unterricht wird an 3 Nachmittagen mit 4 Stunden im
Bergamtsgebäude erteilt.
1.1.1853 Anmietung eines Teils der ev. Stadtschule zur
Einrichtung eines Zeichenzimmers.
1.1.1855 Einstellung eines hauptamtlichen Lehrers für die
elementaren Schulfächer.
27.10.1855 Zur Aufnahme in die Bergschule sind zwei Jahre
Arbeiten als Bergmann, eine genügende Elementarbildung und die Ableistung
des Militärdienstes notwendig. Es wird an mittelose Schüler eine
Unterstützung von 12 Thalern gewährt. Der eigentliche Unterricht ist
unentgeltlich. An drei Wochentagen werden volle Schichten gefahren und an den
restlichen drei Tagen wird Unterricht erteilt.
27.11.1857 Einstellung eines hauptamtlichen
Lehrers für den technischen Unterricht.
16.3.1859 Das neue Bergschulgebäude wird
bezogen. Als Zugangsvoraussetzung müssen die Schüler mindestens eine
zweijährige Tätigkeit im Bergdienst nachweisen, mit allen
Hauertätigkeiten vertraut sein sowie den Militärdienst bereits
abgeleistet haben. Es wurde nicht mehr eingefahren. An fünf Tagen wurden
sechs und samstags acht Stunden Unterricht erteilt. (38 Stunde / Woche)
"§10 Schulordnung: Die
Kleidung des Bergschülers besteht in dem einfachen Grubenkittel mit Leder,
schwarzen Beinkleidern und schwarzer Halsbinde. Ohne diese bergmännische
Tracht darf er vor Beamte oder in der Bergschule nicht erscheinen.
Willkürliche Verzierungen dieser Kleidung oder unbefugtes Tragen von
Auszeichnungen an derselben, welche nr Beamten zukommen, sind streng untersagt.
Zwar steht dem Bergschüler auch das Tragen der Zivilkleidung frei, jedoch
ist alles Auffallende und jeder Luxus dabei zu vermeiden."
Ab 1860 werden auch
Bergleute aus den Erz- und Braunkohlenrevieren zugelassen (Glogau u. Hirschberg,
später auch aus dem Grünberger Braunkohlerevier)
1863
Rückkehr zum Unterricht am
Nachmittag. Damit sollte verhindert werden, daß die Bergschüler sich
während der zweijährigen Schulzeit zu sehr vom praktischen Bergdienst
entfremden. Im ersten Jahr 20, Samstag war frei, und im zweiten 24
Wochenstunden. Bis 1867 werden 0,75 RM, dann 1 RM pro Tag an Unterstützung
gewährt. Diese Zuwendung müssen zurückbezahlt werden, wenn nach
Abschluß der Schule das Revier ohne Genehmigung vor dem Ablauf von
fünf Jahren verlassen wird.
30.4.1883 Der Unterricht wird auf den Vormittag verlegt. Es wurde
ein Plan aufgestellt, mit welchen praktischen Arbeiten sich die Bergschüler
während ihrer Schulzeit in den Gruben zu beschäftigen hatten: Orts- u.
Streckenbetrieb, Grubenzimmerung, Schachtabteufungen usw.
1887 Der Stundenplan wird
dahingehend abgeändert, daß die Schüler an zwei ganzen Tagen in
die Gruben einfahren und an den vier restlichen Tagen die Schule besuchen.
1896 Einführung
des Ersten Hilfe Unterrichtes.
Oktober 1902
Umbau und Aufstockung des Schulgebäudes. Alle
Räume sind mit elektrischer Beleuchtung versehen.
1903 Es kommen die Fächer:
Gesetzes- u. Maschinenkunde, Elektrotechnik sowie Grubenrechnungswesen hinzu. Im
letzten Halbjahr wird daher der Unterricht auf 32 Stunden pro Woche erhöht.
Die Unterstützung beträgt 40 Mark pro Monat, die Grubenverwaltungen
übernehmen die Zahlung sämtlicher Knappschaftsbeiträge.
1907 Der
Grubenrettungsdienst wird Unterrichtsfach.
1908 Zugangsvoraussetzung sind: Mind. 21 Jahre
alt, Militärdienst bereits abgeleistet, mind. vier Jahre praktische
Erfahrung im Bergbau, dabei den Hauergrad erreicht, Besuch der zweijährigen
Vorschule und erfolgreiche Ablegung einer Vorprüfung.
24.4.1910 Berg- und gewerbepolizeiliche Vorschriften werden
vermittelt.
1912
Die zukünftigen Bergschüler sind verpflichtet, schon während
ihrer Anfahrtzeit ein Guthaben anzusparen. Bei Eintritt in die Bergschule
muß die Höhe des gesparten Geldes dem Direktor mitgeteilt werden.
Einrichtung einer einjährigen Maschinensteigerklasse, der Unterricht wurde
an sechs Tagen die Woche mit 36 Stunden im ersten Halbjahr und 40 im zweiten
erteilt. Dieser Kurs fand nur alle vier Jahre statt.
Herbst 1916 Die Schule wird
geschlossen. Insgesamt sechs Schüler fallen im I. Weltkrieg.
1920-21 Der Neubau für einen Zeichen- und Lehrsaal sowie
ein Laboratorium wird errichtet.
1.4.1923 Einrichtung einer zweijährigen
Vermessungssteigerklasse für Markscheidergehilfen.
1.1.1926
Streichung aller
Unterstützungen. Die Schüler müssen deshalb zusätzliche
Schichten fahren.
1.4.1927
Der Unterricht wird auf zweieinhalb Jahre ausgedehnt, und zwar an
fünf Tagen der Woche. Vier Halbjahre werden 22 Stunden und das letzte 23
Stunden erteilt. Der Samstag ist schulfrei, wird aber zu Lehrfahrten verwendet.
Februar 1932
Einrichtung eines Laboratoriums für Elektrotechnik und
Maschinenkunde.
1.10.1933
Alle 14 Tage an 2 Nachmittagen wird Wehrsport erteilt.
1.5.1934 Eingliederung der
Bergschüler in die SA und Aufnahme in den NS dt. Studentenbund. Als
Zugangsberechtigung zur Bergschule ist die Mitgliedschaft in SA oder SS
vorgeschrieben. Menschenführung, Rassenkunde, Rassenhygiene und
völkische Geschichte gehören zum Unterricht. Der Unterricht in den
fünf Halbjahren beträgt: 23,24,22,24 und 26 Stunden pro Woche.