Böhm-Chronik




Polen und Masuren ziehen ins Revier: um 1880



Auszug aus der "Chronik Ruhrgebiet"

- Beitrag von Ursula Nordhorn

Polen und Masuren ziehen ins Revier: um 1880

"Mit der Ausbreitung des rheinisch-westfälischen Industriereviers nach Norden werden für die neuen Zechen an der Emscher und im Vest Recklinghausen Arbeitskräfte aus den preußischen Ostprovinzen angeworben. Polnische, masurische und schlesische Arbeiter siedeln sich mit ihren Familien im Ruhrgebiet an. Die Zechengesellschaften entsenden Beauftragte nach Ost- und Westpreußen, in die Provinz Posen und nach Schlesien, um dort Werbeaktionen durchzuführen. Seit Einführung der Dreschmaschine können die landwirtschaftlichen Wanderarbeiter und Tagelöhner, die früher im Winter zum Dreschen angestellt wurden, ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch Saisonarbeit bestreiten. Landwirtschaftliche Tagelöhner und verarmte Kleinbauernsöhne stellen daher die Mehrzahl der ins Ruhrgebiet einwandernden Arbeitskräfte. Auch schlesische Bergleute lassen sich anwerben, da sie sich mit Recht im Ruhrbergbau höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen als auf den schlesischen Kohlegruben erhoffen.

Die Ruhrindustriellen bevorzugen Arbeiter ihrer eigenen Religionszugehörigkeit. Die evangelischen Gelsenkirchener Unternehmer Emil Kirdorf und Friedrich Grillo werben im evangelischen Ostpreußen, die Katholiken August Thyssen und später auch Peter Klöckner gewinnen viele Arbeitskräfte in den katholischen Gebieten Westpreußens, Posens und Polens für ihre Industriebetriebe in Oberhausen und Wanne.

Die evangelischen Masuren aus Ostpreußen kommen als erste in größerer Zahl ins Revier und lassen sich vor allem in Gelsenkirchen, Buer und Wattenscheid nieder. Ihnen folgen katholische Polen und Schlesier, die in Bottrop, Recklinghausen, Wanne und Herne die Mehrzahl der Zuwanderer stellen. Unerfahrenheit in industriellen Arbeitszusammenhängen und mangelnde Sprachkenntnisse binden sie stark an die jeweilige Zeche."

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