1. Die Steinkohlenablagerung Niederschlesiens liegt im Südwesten des Regierungsbezirks Breslau und stellt einen von Nord-West nach Süd-Ost gerichteten Becken dar, dessen Längsachse ungefähr 60 km mißt, während die Beckenbreite 10-20 km beträgt.
2. Das flözführende Karbonische Schichtenpaket, das von Kulm unterlagert und von Rotliegendem und Kreide überdeckt ist, enthält 78 Kohlenflöze mit einer Gesamtmächtigkeit bis zu 45 m. Bei bauwürdiger Mächtigkeit der Flöze ab 0,6 m werden die Kohlenvorräte bis zu einer Teufe von 1000 m auf ca. 260 Mio. Tonnen geschätzt. Die Flöze nach ihrer technisch-wirtschaftlichen Eigenschaften werden in nichtbackende Magerkohle und Flammkohle sowie in backende Kohle untergeschieden. Allgemein ist zu sagen, daß die Menge der verkokbaren Kohlen überwiegt. Die Lagerungsverhältnisse sind äußerst schwierig, das Einfallen beträgt bis zu 70°, stellenweise sind die Flöze überkippt. Charakteristisch ist die Verbreitung vulkanischer Gesteine in allen Schichten der Steinkohlenformation, hauptsächlich sind es Porphyre.
3. In dem Gebiet ist die Benutzung der Kohle als Wärmeenergieträger bis auf das 15.Jahrhundert zurückzuverfolgen. Urkundlich wurde eine tätige Steinkohlengrube bei Neurode zuerst in dem Stadtbuch der Stadt Neurode im Jahr 1434 erwähnt. Anfangs waren die niederschlesischen Gruben Eigentum der Gutsbesitzer, ab 17.Jahrhundert wurden sie in Gemeinschaft mit den Bauern angelegt, nach 1769 kamen noch Bürger dazu. Zum Beispiel im Jahr 1840 gehörten von 30 im Waldenburger Revier tätigen Gruben 12 dem Adel, 9 den Bürgern, die übrigen waren Gewerkschaften. Dagegen gab es im Revier Neurode nur 8 herrschaftliche Zechen. Man muß anmerken, daß das Niederchlesische Steinkohlenbecken das einzige größere preußische Kohlengebiet war, wo der Staat weder als Grubenfeldbesitzer noch als Bergbautreibender interessiert war.
4. Die Steinkohle war laut der im Jahr 1769 veröffentliche und eingeführte "Revidirte Berg-Ordnung für das Souveraine Herzogsthum Schlesien und Grafschaft Glatz" unter die Bergregalien gezählt, dieselbe Bergordnung regelte die Leitung des schlesischen Bergbaus im Sinne des sog. Direktionsprinzips.
5. Im 19. Jahrhundert die Hauptbergbaugebiete des Reviers lagen in der Rothenbacher Spezialmulde und in der Waldenburger Spezialmulde und weiter im Neuroder Raum. Der Steinkohlenbergbau zählte im Waldenburger Teilrevier im Jahr 1800 50 Gruben mit 1083 Arbeitern und 127.000 Tonnen Förderung, im Neuroder Teilrevier waren 16 Gruben mit 148 Arbeitern und 18.000 Tonnen Kohleproduktion. Die Bergbaubetriebe lagen eingebettet in den Tälern der bis zu 900 m Höhe ansteigenden Bergkuppen des Waldenburger Berglandes und des Eulengebirge, direkt an der Staatsgrenze mit Österreich-Böhmen. Das Waldenburg-Neuroder Industriegebiet umfaßte in der 2. Hälfte des 19.Jahrhunders die Kreise Waldenburg [Walbrzych] und Neurode [Nowa Ruda]. Die Gebietsfläche betrug 694 km2, die Bevölkerungsdichte [1911] belief sich im Waldenburger Kreis auf 446, im Kreise Neurode auf 186 Menschen/km2.
6. In den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums waren die niederschlesischen Kohlengruben vorwiegend Stollenbaue mit "Wanderschächten" und in den Gruben war die dominierende Bauweise Pfeilerbruchbau.
Das Pfeilerabbauverfahren wurde anfangs in der Abwandlung des streichendes Bruchbaus angewandt, im ersten Jahrzehnt des 19.Jhs. fing man dann an, den alten Mann ebenfalls mit Versatz zu füllen. Seit den ersten Anwendungsjahren des Pfeilersystems wurden erhebliche technisch-wirtschaftliche Effekte notiert, unter denen man Zunahme der Arbeitsleistung und des Kohlenabbaus an einzelnen Abbauorten sowie die Verringerung des Grubenholzverbrauchs besonders hervorheben muß. Man muß ebenfalls unterstreichen, daß das Abbauverfahren dann über 150 Jahre dominierte und erst nach dem I.Weltkrieg [1914-1918] durch den langfrontigen Strebbau ersetzt worden ist. Im Abbau und Untertagetransport der Kohle war mit Ausnahme von einigen Fällen menschliche Arbeitskraft in Anwendung.
7. In den Kohlenörtern wurde das Fördergut in Schlepptröge geladen, in die 50 - 80 kg hineingingen, dann wurden sie auf der Sohle in Richtung des Förderschachtes geschleppt. Die Arbeitsleistung eines Schleppers war vor allem von der Förderlänge abhänging und reichte von 3 t/100 m bis zu 1,4 t/200 m in der Schicht. Kohlenwagen als ein allein angewandtes Transportmittel und die Pferdetraktion wurden ab den 1820er Jahren eingeführt; die Benutzung von Eisenschienen erzwang das Waldenburger Bergamt nicht ohne Widerspruch der Gewerken erst in den dreißiger Jahren des 19.Jh.s. Infolge des Wagentransports erzielte man einen erheblichen Zuwachs der Arbeitsleistung, so betrug die Leistung eines Wagenschiebers innerhalb einer Arbeitsschicht bei 500 m Transportlänge gegen 2,8 t bei Handbetrieb, die Leistung eines Pferdeknechtes samt Zugpferd gegen 6 t. Dabei traten auch erhebliche finanziellen Effekte auf. In der 1.Hälfte des 19.Jhs. betrugen die Transportkosten von 100 t Kohle auf die Entfernung von 210 m 5 Rtl 15 Sgr im Falle von Wagentransport und 13 Rtl 8 Sgr im Falle des Schleppbetriebs.,
Es sind auch untypische Lösungen der sohligen Hauptförderung bekannt: In den Jahren von 1794 bis 1854 wurde in der Fuchs-Grube das Fördergut mit Hilfe eines Bootstransports im Navigabel-Stollen zu Tage transportiert; von 1806 bis 1820 wurden in der Johannis-Grube Zugpferde auf der Tagestrecke eingesetzt und die Kohle wurde von den Örtern bis zu Erdoberflächein Grubenwagen mit einem Volumen von 1,2 t transportiert. Zutage gefördert wurde die Kohle mit Hilfe der Handhaspel- oder Pferdegöpelschächte.
8. Vom ersten Jahrzehnt an entstanden infolge der Konzentration der Gewinnung aus immer umfangreicheren Abbaufeldern und der Stabilisierung der Förderpunkte günstige Bedingungen für Neuerungen im Bereich der Schachtförderung. Die erste Seilkorbfördermaschine mit einem 12'' Kolbendampfbetrieb und der Leistung von 5 PS wurde im Jahr 1814 auf dem Eduardschacht in Altwasser [Stary Zdrój], jetzt Stadtteil Waldenburg, aufgestellt, in der Mitte des 19.Jahrhunderts waren 11 Fördermaschinen mit Dampfantrieb und Gesamtnutzleistung von 46 PS in Betrieb. Im Jahr 1846 arbeiteten im niederschlesischen Bergbau 5 Dampfmaschinen [55 PS], um die Mitte des Jahrhunderts waren es 18 Stück. Die Einführung der Dampfmaschinen bedeutete das Ende der Wanderschächte, jetzt für die Seilstützkonstruktion, die Fördermaschine, die Dampfkesseln errichtete man ein gemeinsamen stabilen Ziegelgebäude, dessen Architektur dem Wohnhaustyp entlehnt war.
9. In den 40er Jahren entstanden die ersten Tiefbauanlagen, es waren kleine primitive Gruben: Sophien-Grube in Tannhausen [Jedlina], Fortuna-Grube in Ebersdorf [Dzikowiec], Frischauf-Grube in Eckersdorf [Bozków], und maximal 21.000 t/Jahr Produktion. Vermutlich aus finanziellen Gründen wurden sie nicht mit leistungsfähigen Wasserhaltungseinrichtungen versorgt und deshalb ersoffen die Zechen schnell. Nur die Sophiegrube, die eine Dampfwasserhaltungsmaschine für 150 Taler/Jahr von der Bergbauhilfskasse pachtete, war bis 1931 tätig. Auf der Basis dieser Erfahrungen wurden die ab der Jahrhundertmitte angelegten Tiefbaugruben mit hochleistungsfähigen Wasserhaltungskolbendampfmaschinen ausgestattet. Die Segen Gottes-Grube wurde mit einer Dampfpumpe ausgestattet, die aus 70 m Teufe in einer Minute ca. 0,6 m3 Wasser hob. Im Jahr 1852 hatten die 7 Wasserhaltungsdampfmaschinen eine Gesamtnutzleistung ca. 80 PS.