Böhm-Chronik
Grundlagen zu Personenstandsregistern / Kirchenbüchern in Schlesien
zusammengestellt von Klaus Liwowsky
Kirchenbücher wurden geführt von:
Ev. Kirche, kath. Kirche, ev.-luth. Kirche (Altlutheraner, seit 1830), ev. Brudergemeinde, Begräbnisbücher in den Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder und der Elisabethinerinnen in Breslau. Ferner die sogenannten Militärkirchenbücher und schließlich die Kirchenbücher in den Gefangenenanstalten. Wir kennen Tauf-, Trau- u. Begräbnisbücher sowie in einzelnen Pfarreien die Bücher zur Erstkommunion, Konfirmation, Abendmahlsbesuche und Firmungen. Das älteste deutsche Kirchenbuch stammt aus der Pfarrei St. Theodor in BASEL, welches bis ins 15. Jahrhundert reicht. Die Synode von Tournay hatte 1481 die Anlegung von Taufbücher angeordnet.
In Schlesien ist das älteste KATHOLISCHE Taufbuch in der Pfarrei Schnellewalde, Krs. Neustadt, zu finden. Über den Beginn gibt es verschiedene Angaben: 1515, 1550 oder 1557. Es ist aber noch heute erhalten. 1580 hatte die Diözesansynode von Breslau befohlen, ein Tauf- und Traubuch anzulegen. 1602 ebenso ein Totenbuch. In der Pfarrei Königshain findet sich das älteste Kirchenbuch der Grafschaft Glatz, die teilweise zur Erzdiözese Prag gehörte, von 1587. Der schlesische Anteil der Olmützer Erzdiözese, hierzu gehörte Ratibor und Leobschütz, weist mit der Stadt Leobschütz von 1609 das älteste Buch dort nach. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß im Jahre 1938 das Diözesanarchiv in Olmütz Abschriften der Kirchenbücher dieses schlesischen Anteils, zurückgehend bis 1650, besaß. Die schlesische Lausitz kam erst 1821 zur Diözese Breslau, davor war sie dem sogenannten Domdechanten in Bautzen zugeteilt. Hier begann die Führung der Kirchenbücher 1635 in Pfaffendorf, Krs. Lauban. Die Dekanate Beuthen und Pleß gehörten bis 1811 zur Diözese Krakau, dann zu Breslau und schließlich ab 1925 wurden sie zum größten Teil dem neu errichteten Bistum Kattowitz zugeteilt.
Die Führung der EVANGELISCHEN Kirchenbücher geht auf den Reformator Johann Heß zurück. Er fordert in einer Predigt am 28.3.1534 die Einführung einer kirchlichen Ordnung, dazu zählte er auch die Führung solcher Bücher. Obwohl das evangelische Schlesien bis zur Übernahme durch die Preußen keinerlei kirchliche Oberbehörde besaß, ist man der Aufforderung des Reformators weitgehendst gefolgt. Das älteste Taufbuch finden wir in der Peter-Paul-Kirche in Liegnitz, 1546, Traubuch von der Elisabeth u. Maria-Magdalena Kirche in Breslau, 1542, das älteste Begräbnisbuch in Lauban, 1556, und schließlich ein Abendmahlsbuch von 1579 in Wohlau. Schlesien gilt zu Beginn des 17. Jahrhunderts als fast rein evangelisch. Daher sind eine Vielzahl der heute katholischen Bücher aus dieser Zeit ursprünglich evangelische gewesen. Im Verlauf der Gegenreformation ging die katholische Kirche mit staatlicher Unterstützung durch den Kaiser sehr massiv gegen die Evangelischen vor, nahm ihnen auch die Kirchen weg. Es entstanden so die evangelische Friedens-, Gnaden- und Zufluchtskirchen. Diese führten 'gewaltige' Kirchenbücher mit beispielsweise bis zu 900 Taufeintragungen pro Jahr. Die Besitzergreifung Schlesiens durch Friedrich des Großen brachte dann wesentliche Änderungen auch für das kirchliche Leben mit sich. Er hob 1757 für die Evangelischen und 1765 für die Katholiken den Pfarrzwang auf. Bisher durfte an einem Ort nur ein parochus vorhanden sein. Also nur eine Kirche war unabhängig vom Bekenntnis für den Ort zuständig. Bis zum genannten Zeitpunkt wurden demnach evangelische Amtshandlungen, auch wenn sie in der auswärtigen evangelischen Kirche stattfanden, im katholischen Kirchenbuch festgehalten und umgekehrt.
Das Allgemeine Landrecht von 1794 bestimmte in Teil II, Tit. 11, §501-503, daß Küster von jedem Kirchenbuch ein Duplikat zu führen haben, welches im zuständigen Amtsgericht aufbewahrt wurde. Dem ist man allerdings nicht überall oder ab diesem Zeitpunkt auch nachgekommen. Nach der Abtrennung einiger Gebiete an Polen verblieben diese Duplikate meist in Deutschland. Entweder in den zuständigen Amtsgerichten oder am Sitz des Landgerichts, welches für den vollständig abgetrennten Amtsgerichtsbezirk zuständig war. Die Vorschrift zur Anfertigung von Duplikaten galt übrigens auch für Militärgeistliche und für die Pfarrer der Gefangenenanstalten.
Für die aus der Kirche Ausgetretenen (sogenannte DISSIDENTEN) wurde in Preußen 1847 eine Regelung dahingehend eingeführt, daß die Amtsgerichte den Personenstand beurkunden mußten.
Die Personenstandsregister der JUDEN wurden in Schlesien von 1812 bis 1847 bei den Stadtverwaltungen und Landratsämtern, anschließend bis 1874 von den Amtsgerichten, geführt. Duplikate wurden nur sehr unvollständig angelegt und bei den Amtsgerichten, später bei den Appellationsgerichten, aufbewahrt.
Seit dem 1.10.1874 waren die STANDESÄMTER für die Führung von Personenstandsregister in ganz Preußen zuständig, im gesamten Reich erst seit dem 1.1.1876. In linksrheinischen Gegenden (französischer Einfluß) waren die Standesämter um 1798 eingeführt worden. Von allen Hauptregistern wurden Abschriften, sogenannte Nebenregister, angelegt und diese dem zuständigen Amtsgericht abgeliefert. Jeder Eintrag in einem Standesamtsregister existierte demnach mindestens zweimal. Wurde durch die neue Grenzziehung nach dem I. Weltkrieg ein Standesamtsbezirk aufgetrennt, teilten sich Polen und Deutschland diese Haupt- und Nebenregister. Andernfalls blieben alle Akten in Polen. Ab 1938 wurden diese Nebenregister (Zweitbücher) dann von den unteren Verwaltungsbehörden (in Preußen der Landrat) aufbewahrt.
Literatur:
-Randt, Erich: Die älteren Personenstandsregister Schlesien, Görlitz 1938. [Der wesentliche Teil der Hinweise sind diesem Buch entnommen]
-Sonderheft der Schlesischen Geschichtsblätter 1937, Nr.2. -Anders, F.G.: Historische Statistik der Evangelischen Kirche in Schlesien, Breslau 1867.
-Silesia sacra. Historisch-statistisches Handbuch über das ev. Schlesien für 1927. Görlitz.
-Verzeichnis der ev. Pfarrstellen und Geistlichen in der Provinz Schlesien, aufgestellt September 1908. Breslau.
-Schematismus oder Statistik des Bistums Breslau, Königlich Preußischen Antheils, Breslau 1842. [mehrere Jahrgänge erschienen]
-Handbuch des Bistums Breslau und seines Delegaturbezirkes für das Jahr 1928. Breslau. [mehrere Jahrgänge erschienen]
Wo findet man das für seinen Ort zuständige Pfarramt?
Knie, J.G.: Alphabetisch-statistisch-topographischen Übersicht der Dörfer, Flecken u. Städte .. der Provinz Schlesien, 1830 und 1845.
Korn: Schlesisches Ortschaftsverzeichnis ab 5. Auflage von 1901.