Böhm-Chronik



Entwicklung von Namen und Wappen

im niederen Adel um 1400



Vorbemerkungen

Ministeriale waren im Heiligen Römischen Reich eine Oberschicht ursprünglich unfreier „Dienstmannen“ (Dienstleute) im Hof-, Verwaltungs- und Kriegsdienst. Sie wurden von ihrem Grundherrn mit einer besonderen Funktion betraut, wie etwa der Leitung eines Hofes, der Führung der Finanzen (Kanzlei) oder der Leitung verschiedenster Besitzungen. Ministerialen waren oft Hörige aus der Schicht des Bauernstandes und wuchsen in niedrigere Verwaltungsdienste hinein und schließlich auch in den Waffendienst.

Durch ritterlichen Kriegsdienst und Ausstattung mit Lehen bildete sich im hohen Mittelalter der Ritterstand (alter Adel). Er war der Kern des sogenannten niederen Adels. In vielen Orten gab es im Mittelalter einen Ortsadel, oft aus der Ministerialität aufgestiegen. Sehr viele dieser Familien sind bis um 1400 wieder verschwunden, abgestiegen, abgewandert oder ausgestorben. Darüber wurden keine zentralen Matrikeln geführt. Diese (verschwundene) landständische Ritterschaft hat mit Sicherheit heutzutage Nachkommen, die in die Hunderttausende gehen. Eine Nachforschung ist manchmal über Landbücher (Regesten), zusammen mit der Forschung zur frühen Ortsgeschichte möglich. Eine Zusammenarbeit mit Heimatforschern ist für eine frühe Familienforschung unerlässlich, obwohl oft die Ortsgeschichte für den Zeitraum vor dem 15. Jahrhundert aus verständlichen Gründen von den Heimatforschern zu ungenau niedergeschrieben worden ist. Die Familien, die das 15. Jahrhundert erreicht hatten, konnten sich dann im System der Grundherrschaften stabilisieren und haben ihre Geschichte in der Ortsgeschichte verewigt, die anderen Ritterfamilien gingen unter, d.h. aber noch lange nicht, dass sie ausgestorben sind. Sie schieden nur aus dem Adelsstande aus, lebten aber weiter.

Seit dem 14. Jahrhundert wurde Adel auch durch kaiserlichen Adelsbrief verliehen (Briefadel).



Entwicklung von Namen und Wappen in Haupt- und Nebenlinien im niedern Adel

In der Entwicklung von Namen und Wappen in Haupt- und Nebenlinien im Kleinadel müssen mehrere Dinge auseinandergehalten werden:


Namen und Wappen

1) Die Namen im alten Adel beziehen sich in der Regel auf Besitze, manche solcher Örtlichkeiten (manchmal in nur ähnlichen Schreibweisen) gab es mehrfach, vor allem in den vorher slawischen Besiedelungsgebieten. Daher kann also der (fast oder ganz)gleiche Familiennamen unabhängig voneinander mehrfach enstehen, die Familien haben miteinander nichts zu tun. In vielen Fällen haben solche Kolonisten auch ihre Ortsnamen mitgebracht und dann gibt es denselben Ort in der Altmark, in Böhmen, und in Schlesien. Ortsname des Besitzes hat wiederum dazu geführt, dass Vollbrüder, die jeweils auf verschiedenen Gütern saßen, entsprechend unterschiedliche „Nachnamen“ hatten. Familiennamen, d.h. Nachnamen die über mehrere Generationen bestanden, waren in diesem Zeitraum noch nicht üblich. Meistens richteten sich die Familien nach von ihnen bevorzugten Ruf- bzw. Vornamen mit verschiedenen Beinamen, wie z.B. beim besitzlosen Dienstadel (Burggrafen) nach der Burg, die für den Landesherrn verwaltet wurde. Brüder, ja sogar die selbe Person konnten, wenn auf einer anderen Burg eingesetzt, nach einer gewissen Zeit einen anderen Beinamen, den nach der neuen Burg genannt, erhalten.
Standesamtsgesetze o.ä. gab es nicht.

Manchmal haben sich solche völlig verschiedenen Familien sogar zusammengeschlossen aber die verschiedenen Wappen beibehalten. In Schlesien gibt es z.B. ein Geschlecht Schönfeld, welches mit den Schönfeld von Seidlitz nichts zu tun hat. Auch der Name Profen ist ein solches Beispiel. Mehrere Personen verschiedener Geschlechter fungieren z. T. ohne Nennung ihres Geschlechtsnamens unter "von Profen ...".


2) Wappen haben diese Familien anfangs selbst angenommen (in Burgmannschaften koordiniert), zunächst war das Wappen ein persönliches Zeichen, daraus konnte sich ein Familienwappen entwickeln mit zunächst verschiedener personenbezogener Helmzier, die dann später auch fest wurde, und in manchen Familien haben die verschiedenen Linien dann verschiedene Helmzieren und diese sind im Laufe der Zeit auch fest geworden. Ein Wappen klebt meist fester an der Familie als der Name. Ob Familienlinien ein bisschen verschiedene Wappen führten blieb ihnen selbst überlassen (Farbwechsel, Schrägbalken anders herum usw.usf.) Dann haben sie z.B. eine schwarze und eine weiße Linie.
Eine Behörde dafür gab es nicht.

Ein Beispiel für zwei Brüder mit unterschiedlichen Familiennamen aber gleichem Wappen sind die Massenbach und die Gemmingen. In Schlesien z.B. handelt es sich bei den Herren von Lazan um Angehörige derer von Seidlitz, bei den Herren von Liebenau um die von Niebelschütz, etc.

Aber auch ein einziges Wappen in einer Familie konnte sich im Laufe der Zeit fortentwickeln, dann haben wir ein "altes" und ein "modernes" Wappen. Das gilt z. B. für das Wappen der Zedlitz : Gotische Form = dreieckig, abgerundete Form inder Zeit des Barock und der Renaissance.

Schließlich gab es dann auch verliehene Wappenbesserungen, oft mit Freiherren - oder Grafenerhebung verbunden. Dafür allerdings gab es eine Behörde.


3) Haupt- und Nebenlinie. Manchmal hat sich von der Hauptlinie - die den Stammsitz hielt - eine Nebenlinie abgespalten, die konnte zur Unterscheidung ein verändertes Wappen führen (z.B. Eltz), mußte aber nicht. usw.usf.
Äste, Zweige, Häuser sind im alten Adel weitere Unterteilungen. Das Denken in jener Zeit (bei einigen Familien bis ins späte Mittelalter) bewegte sich weiterhin in Stammes- und Familienstrukturen.


4) Neuer Adel (Briefadel) bekam das Wappen verliehen, wenn mehrere Brüder hintereinander geadelt wurden, konnten sie durchaus ganz oder teilweise verschiedene Wappen bekommen. Auch dafür gab es eine Behörde.


5) Eines kann man grundsätzlich sagen:
a.) es ist nicht alles bekannt, warum...
b.) es ist nicht alles so geregelt gewesen wie wir das heute kennen...
c.) es ist nicht alles erklärbar... man muß es halt zur Kenntnis nehmen.



Siehe auch: Zur Geschichte der Wappen der von Redern / von Rödern


Dank an Frhr. v. Recum für die beigetragene Information.

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