Böhm-Chronik
Lasser Bodenrecht
Der Name "Lasser" kommt aus dem sächsischen Recht und bezeichnet die
"Laten" (Halbfreie) die kein Grundeigentum besaßen, sondern
ihr Eigentum nur als vererbpachtet in Abhänigkeit zum Grundherren
hatten.
"Lassen, Laten, im Sachsenspiegel unfreie Bauern, später versteht man
darunter Bauern mit nicht vererblichen Rechten an ihrem Gute.
Das lassitische Recht des Preuß. Allg. Landr. I, 21 §§ 626 fg, ist durch
die nach dem Ablösungsgesetz vom 2. März 1850 eingetretene Regulierung
jetzt in Eigentum verwandelt." (Brockhaus Konversations-Lexikon,
Ausgabe 1900)
Das Lasser Bodenrecht war in Schlesien vom Mittelalter bis ins 19.Jahrhundert gültig.
° Das Bauerngut war nicht Erbgut, sondern wurde dem Bauer lebenslang verpachtet.
° Nach Ableben des Erbgrundherrn oder des Bauern wurde ein neuer Pacht-Vertrag ausgefertigt.
° Der Bauer [und seine Familie] war verpflichtet dem Grundherrn Grundzins, Frondienste, Ehrungen (Abgaben) zu leisten.
Zum Beispiel: im Jahre 1842 [im Erblehngut der Baronin v. Dyherrn-Czettritz-Neuhaus] der Wert der Frondienste und Ehrungen, die das Bauerngut Nr 12 /verwittwete BÖHM/ in Dittersbach belasteten, wurde auf 8 Rthlr. 6 Sgr 8 1/4 Pf geschätzt.
In der Herrschaft des Reichsgrafen von Hochberg [das Territorium reichte von Freiburg über Waldenburg bis Friedland] in den Jahren 1757-1759 unter
282 Bauerngütern dessen Pacht-Besitzer verstorben sind,
20 Güter wurden von den Söhnen gepachtet,
12 von den Witwen,
13 Personen mit Name wie der Verstorbene [Bruder, Verwandte ?], und
162 von Fremden.
Quellen
- L. Häufler: Die Geschichte der Grundherrschaft Waldenburg-Neuhaus, Breslau 1932.
- J.J. Menzel: Die schlesischen Lokationsurkunden des 13.Jh., Würzburg 1978 [dort ausführliche Literatur zum Thema].
- E. Piatek: Der niederschlesische Steinkohlenbergbau bis zur Mitte des 18.Jh. aus Technik- und Wirtschaftshistorischer Sicht, [in:] Mitteilungen der Österreichischer Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaften, Wien 1991, Jahrgang 11, 1-2.
- S. Inglot: Historia chlopów slaskich (Geschichte der schlesischen Bauern), Warszawa 1979.
- J. Bahlcke: Schlesien und die Schlesier, München 1996. [dort ausführliche Literatur zum Thema].
Ferner schrieb Norbert Kersten "Die Oberlausitz von der Gründung des Sechsstädtebundes bis
zum Übergang an das Kurfürstentum Sachsen (1346-1635)":
"Die ländliche Bevölkerung unterschied sich hinsichtlich ihrer ethnischen Zusammensetzung, der Flureinteilung und der rechtlichen Stellung. Es gab nach deutschem Recht zu Erbe siedelnde Bauern, die vor allem im südlichen und östlichen Landesteil (der Oberlausitz) und entlang der Hohen Straße ansässig waren. Sie lieferten nominal festgelegte Geldzinsen und Naturalabgaben ab und leisteten geringe Hofdienste von wenigen Tagen im Jahr. Die Bevölkerung der sorbischen Dörfer, insbesondere in der Gegend um Bautzen und Kamenz, lebte hingegen, wo sie nicht am hochmittelaterlichen Landesaubau beteiligt gewesen war, unter schlechteren sozialen und rechtlichen Bedingungen, da sie zu verschiedenen Abgaben und Diensten verpflichtet war. Bei den Abgabe der nach deutschem Recht siedelnden Bauern lag der Wert des Geldzinses oft erheblich über dem Wert der Naturalabgaben; er belief sich oft auf 2/3 der gesamtem Abgaben. Angesichts dieser Abgabenstruktur bedeuteten die inflationären Entwicklungen in der 2. Hälfte des 14. Jh. für die adeligen Grundbesitzer bei den nominal festgelegten Geldzinsen einen spürbaren Kauf- und Einkommensverlust. Die Grundherren versuchten hierauf, die Abgaben und Dienstleistungen, für die im 2. Viertel des 15. Jh. die Bezeichnung Robote aufkam, zu erhöhen, wie sich an einer Intervention Karls IV. an den Oberlausitzer Adel zugunsten der Bauern erkennen läßt. Wichtiger war jedoch die allmähliche strukturelle Veränderung der ländlichen Gesellschaft. Die adeligen Grundherren bemühten sich um die Vergrößerung des gutsherrlichen Landes durch das Einziehen von Bauernhufen, die sie auskauften; die Form des "Bauernlegens" ist schon in der 1. Hälfte des 15. Jh. nachweisbar und nahm im 16. Jh. erhebliche Ausmaße an. Hinzu kam, daß die starke Stellung der Erbbauern durch Angleichung an schlechtere Rechtsverhältnisse untergraben wurde. Dazu gehört, daß seit Mitte des 15. Jh das sog. lassitische Besitzrecht, ein persönliches Nutzungsrecht an Boden, Gebäude und Vieh - stärkere Verbreitung fand und daß die Arbeitsdienste erheblich, möglichst in ungemessenem Umfang, auf mehrere Tage in der Woche ausgedehnt wurden. In der Obergerichtsgnade Ferdinands I. v. 1562, die dem Adel die Obergerichtsbarkeit auf den Gütern verlieh, fand der Prozeß der Ausbildung der Gutsherrschaft einen deutlichen Ausdruck. Diese zunehmende Belastung durch Hofdienste führte seit etwa 1562 zu heftigen Ausbrüchen bäuerlichen Widerstandes. ..."
Besonderen Dank für die Informationen an Zygfryd Piatek, A. Henry Zimmermann und Ernst-Axel Hoffmann.
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