Böhm-Chronik



Eine wohlhabende Bauernwirtschaft im Jahre 1615





Hofinventar und Ausstattung der Kinder

Westlich von Breslau, auf Neumarkter Kreisgebiet und dicht an der Grenze zu Breslau Land liegt das Dorf Krampitz. Das Schöppenbuch des Dorfes gestattet einen aufschlußreichen Einblick in die ländlichen Verhältnisse Schlesien kurz vor Beginn des 30jährigen Krieges. Unter dem 6.5.1615 berichtet es über den Verkauf einer wohlhabenden Bauernwirtschaft. Infolge des Ablebens ihres Besitzers, des Schulzen Mathes Schayken, war die Scholtisei des Dorfes in andere Hände übergegangen. Der Kauf wird als „Interimskauf“ bezeichnet, er soll vorerst nur solange seine Gültigkeit haben, solange die fünf Kinder ( 3 Knaben, 2 Mädchen ) des Verstorbenen noch unmündig sind. Mit Erreichen des 24. Lebensjahres soll es dem erbberechtigten Sohn zustehen, sich für die Übernahme der Wirtschaft zu entscheiden oder nicht. Im Augenblick des Besitzwechsels haben die Kinde einen Vormund, da die Frau des Schulzen schon vorher das Zeitlich gesegnet haben muß. Der Gegenwert für die Scholtisei beträgt 700 schwere Mark, die in vier Teilen gezahlt werde sollen. Das wird im Schöppenbuch vermerkt. Da es sich jedoch um einen Interimskauf, der unter Umständen später gegen Erstattung des Kaufgeldes rückgängig gemacht werden kann, erfolgt zunächst eine genaue Aufnahme des toten und lebenden Inventars, das am Kauftage auf dem Gut vorhanden ist. Durch diese kulturhistorisch überaus wertvollen Angaben ist heute gewährleistet zu wissen, wie die Scholtisei in Krampitz im besonderen wie eine Scholtisei in der damaligen Zeit im allgemeinen ausgestattet war. Gleichzeitig läßt die vorliegende Schöppenbucheintragung einen Rückschluß auf die Lebensweise einer begüterten Bauernfamilie jener Tage zu.

Der Interimskäufer über ( Aufzeichnung erfolgte sicherlich in der Reihenfolge eines Wirtschaftsganges ):
14 Scheffel Korn, 6 Scheffel Hafer, 5 Pferde mit Sattel, Zaumzeug und Geschirr, 6 Milchkühe, 3 Kälber, 1 Sau mit 5 Ferkeln, 4 abgesetzte Ferkel, 8 Gänse und 1 Gänserich, 6 Hühner und 1 Hahn, 30 Schafe, 6 Lämmer, 3 Bienenbeuten wovon eine besetzt.

An Hausgeräten wechselten den Besitzer:
1 Zinnkanne, 1 Zinnschüssel, 1 Fischtiegel, 2 kupferne Töpfe mit eiserner Aufhängevorrichtung, 1 Topfbrett, 4 tönerne Schüsseln, 12 große und kleine Töpfe, 12 hölzerne Teller und 11 Löffel, 2 weitere Schüsseln, 4 Schäffer und Zuber, 4 Wasserkannen, 3 Melkgefäße, 1 Brothänge ( ein Brett, das auf dem Hausboden an Stricken hängt und zur Aufbewahrung des Brotes dient ), 1 Schrotschaff, 1 alter Kasten, 2 Viertel, 2 Tische, 24 leere Säcke, 3 Teigtröge, 3 Backscheite, 1 großes Backbrett, 6 Back-ofen - Schürstangen, 2 Schieber ( um das Brot in den Backofen zu schieben ), 1 Feuerkrücke, 1 Holz-mörser, 1 Wanne, 1 Henkeltrog, 1 Krauthacke, 1 Schlachttrog, 2 Scheffelkannen, 1 Hirsesieb, 1 Aufhängestange, 2 Flachsklopfer, 2 Flachsbrechen, 1 Tragradwer, 1 Brettradwer, 1 Rodehacke, 1 Hausleiter, 2 Pferde(tränk)fässer, 1 Ofengabel und 1 hölzerne Ofenkrücke.

In den Stuben und Gerätekammern wurden in dem 3 Hufen = 90 schlesische Morgen = 197,436 preußische Morgen Gut vorgefunden:
2 Tische mit Bänken, 1 Eckschrank, 1 Siedelbank (Ofenbank), 1 Bank mit Lehne, 3 sonstige Bänke, 2 Schemel, 1 großer Stuhl, 1 Glaslaterne, 1 blechernes Sieb, 1 eiserner Hängeleuchter, 1 eisernes Rost, 1 Dreifuß für das offene Feuer, 2 Grabeisen, 2 Mistgabeln, 1 Misthaken, 1 Schürschaufel, 2 Heugabeln, 1 Tengelzeug, 2 Grassensen, 2 Siedeladen mit Schneiden, 1 Schleifstein samt Trog, 1 eiserne Kurbel und 1 Misttrage.

In der Wagenremise fanden sich:
2 eisenbereifte Wagen, 1 Kutschwagen mit 4 eisenbereiften Rädern, 1 Kastenschlitten, 2 eisenbeschlagene Hinterwagen(teile) und 1 Vorderwagen(teil), 1 Ortscheit, 2 Paar Ernteleitern, 2 Paar Holzleitern, 4 Mistbretter, 2 Unterlegbretter, 4 eiserne Leistrincken (Rungen?), 4 Halfterketten, 1 Wagenflechte (Hängessitz?), 2 Wiesenbäume (Stangen über das Heufuder), 1 Futterschwinge, 2 Wagenketten, 1 Spannkette, 3 Riemen - Halfter, 1 Striegel, 1 Sporn, 2 hölzerne Pflüge mit Eisen und Zubehör, 2 eisenbereifte Pflugwagen, 2 eisenbereifte Radlitzewagen (?), 2 Hackscharen, 2 Paar Eggen mit eisernen Zinken, 4 Hanfseile, 2 Waldäxte, 1 Bindaxt, 2 Handäxte, 1 Fleischbeil, 1 Bügelsäge, 1 große Tragbahre, 1 Handsäge, 2 Lattentragbahren, 1 Rechentragbahre, 2 Zickerlein (Klammern?), 1 Schnitzmesser, 1 Zange, 1 eiserne Klammer, 1 großer Hammer, 1 Hufhammer, 1 Hobel, 2 eiserne Keile, 1 Schnitzbank, 1 Holzheber mit Zubehör.

Weiter blieben zurück in der Scheune:
4 Flegel, 4 Rechen, 1 Wurfschaufel, 1 Maßschaufel, 1 Wurfschemel. Im Pferdestall eine Krippe. Im Gaststalle eine Krippe. Im Kuhstalle zwei Krippen. Im leeren Stalle eine kleine Krippe. Im Pferde-, Kuh- und Schafstall die Raffen. 1 Kloppe (Schlagholz für Flegel), 1 Lämmertrog, 2 Krauttonnen, die Stangen über der Tenne, Schuppen und den Ställen und den Ställen, 2 Hühnerkörbe, 3 Schnittsicheln,1 Streukorb, 2 Käsekörbe, 1 Schweinetrog, 1 Hund mit eiserner Kette, 1 Brechzomb (?) und 1 Sätuch, weiter 1 Paar Schafscheren.

Für das Gesinde und die Gesindekammer:
2 tägliche Tischtücher und 2 Handtücher, 1 Zwillichtischtuch (aus Drell) und 1 Zwillichhandtuch. Bettzeug für den Knecht = 1 Strohsack, 1 Oberbett, 1 Kopfkissen, 1 Bettuch. Für den Jungen dasselbe Bettzeug alles einmal zu beziehen. Dazu: 2 Stöße gespaltenes Holz ( 2 Ellen lang, 6 Ellen breit, 4 Ellen hoch ) und 8 Schock Gebundholz. 3 Seiten Schweinefleisch, ein halber Viertel Eimer Butter, 1 Schock Rindenkäse, 4 Schafkäse, 3 Viertel Weizen, 3 Viertel Gerste. Wäsche und Betten der Bauersfamilie mögen wohl vom Vormund für die Kinder eingefordert worden sein. Zu den 700 schweren Mark und zu der Verpflichtung zur Rückgewährung des Gutes an den mündigen Erben mußte der Käufer noch eine weitere Verpflichtung übernehmen. Er mußte sich bereit erklären, die zum Zeitpunkt des Erbfalles noch unmündigen Kinder des Erblassers auszusteuern, wenn sie sich zu verheiraten gedächten.

Was gehörte zu der Aussteuer einer nach damaligen Begriffen wohlhabenden Bauerstochter ? Das Schöppenbuch gibt darüber Auskunft:
Eine Verlobungsfeier an zwei Tischen, eine Hochzeit an vier Tischen, 1 Gebett Betten bestehend aus je einem Oberbett, einem Unterbett und zwei Kopfkissen. Für das Oberbett drei Bezüge, einer von Zwillich zwei von Leinwand. Über die Kopfkissen 5 Bezüge, einer wiederum aus Zwillich vier aus Leinwand. Für das Unterbett zwei Bezüge aus Leinwand. 6 Ellen Leinwand zu Tüchern über den Strohsack, 2 Zwillich - Tischtücher, 1 Zwillich - Handtuch. 2 Röcke zu 8 Ellen Stoff, die Elle zu 11 Groschen, 2 Mieder aus Wollzeug aber mit seidenen Schnürren, 1 Brustlatz im Werte zu 36 Groschen, 1 gefütterte Haube im Werte von 4 Thaler, 1 Paar Stiefel im Werte von 30 Groschen, 1 Gürtel für 24 Groschen. 1 zinnerne Kanne für 36 Groschen, 12 hölzerne Teller und Löffel, 2 Kästen zu je einen halben Thaler Wert, 2 Milchkühe und 1 zweijähriges Kalb. Außerdem sollte der Käufer für jedes Mädchen bis zur Verehelichung jährlich ½ Viertel Lein aussäen, den Samen mußten allerdings die Mädchen stellen. Sicherlich sollten die Töchter des Schulzen in die Lage versetzt werden, ihre Aussteuer durch Spinnen zu vergrößern.

Wie sah es um die Aussteuer der 3 Söhne des Verstorben aus ? Jeder sollte bei der Verehelichung 3 Ellen Tuch bekommen, die Elle zu 12 Groschen, weiter eine Hochzeit an vier Tischen und eine Nachhochzeit an zwei Tischen. Jeder Hochzeiter sollte aber verlangen dürfen, daß jeder Tisch mit zwei Thalern abgelöst wird.

Quelle:
Artikel im Schlesischen Gebirgsboten von Otto Zimmermann, 10.September 1959.
Beitrag wurde freundlicherweise von Reiner Tannhäuser zur Verfügung gestellt.

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