Böhm-Chronik
Zinsbrief 1409
Schof versus Behem
Eine Analyse von Kurt Tschersich, 1930
Ein Arbeitspapier
"Aus Weissssteins geschichtlicher Vergangenheit"
Tschersisch vertritt die Auffassung, dass Heincz BEHEM
dem Ulrich SCHOF 100 Mark geliehen hat und deshalb BEHEM einen jährlichen Zins
im Betrag von 10 Mark von Ulrich SCHOF erhält. Als Pfand hat SCHOF sein Gut in Weisssstein eingesetzt.
War es wirklich so oder kann man noch eine andere Möglichkeit erkennen?
Neue mögliche Interpretation
Nach einer anderen Ansicht könnte es sich aber im Zinsbrief von 1409 um die Vergabe eines dauerhaften After-Lehens handeln,
das heisst der Lehnsgeber SCHOF übergibt "sein in und all seinem Gute
zu Weissstenstein des Schweidnitzer Weichbildes dem Heincz BEHEM und
seiner ehelichen Hausfrau Jutta" zur dauerhaften (Lehns-) Nutzung für
sich und seine Erben und SCHOF erhält dafür einen dauerhaften Zins. Dies
ging nur zwischen lehnsfähigen, also Adeligen oder ritterständischen Ministerialien. Bauern hätten keinen Zins bezahlt, sondern wären dienstbar geworden und
hätten an Martini, Johanni, Petri oder was es da sonst noch an
bekannten Heiligen-Zinstagen jeweils Naturalien abliefern müssen.
Die Vermutung, dass BEHEM eine Beziehung zu den Böhmen von Schwarzwaldau gehabt haben könnte, ist wohl berechtigt. Schwarzwaldau lag hinter dem Hochwald, keine 10 km von Weissstein entfernt. Die Grundherrschaft Schwarzwaldau hörte um 1400 auf zu existieren.
Warum? Ein neues Forschungsgebiet.
Eine Verlehnung war nicht rückgängig zu machen. Die Lehnsabhängigkeit war übrigens bei bestimmten Ereignissen gegen Kosten zu erneuern. Dies waren regelmässig: Tod des Lehnsgebers (an den neuen Lehnsherrn), Tod des Lehnsnehmers (durch den/die neuen
Lehnsnehmer, die Lehnserben sein mussten). Mit der Übernahme des
After-Lehens übernahm der neue Lehnsnehmer auch die dinglichen
Verpflichtungen des ursprünglichen Lehnsnehmers.
Der Grundherr Ulrich SCHOF von Waldenburg-Neuhaus belehnt also Heincz BEHEM mit dem Adelsgut in Weissstein und dafür hat BEHEM einen jährlichen Zins (Miete, Pacht bzw. Steuer im heutigen Sinne) von 10 Mark an SCHOF zu zahlen. Eine Tilgung gab es zu damaliger Zeit nicht. Ferner ist eine Entwicklung der deutschen Sprache über einen Zeitraum von 600 Jahren zu berücksichtigen. Wörter, wie hier Zins, werden heutzutage anderweitig angewendet.
Vermerk: Das "e" und "n" in "Heinczen" ist nur die alte Dativ- und Akkusativform von "Heinz".
Hinweis: Ein Dankeschön an Ernst-Axel Hoffmann und an Klaus E. Kunze für die geleistete Unterstützung.
Siehe auch Auszug aus dem Landbuch 1409
Text:
Vor Janke eto hat Ulrich Schof vom Newenhawse 10 Mk Jz. in und auf alles sein Gutt, das Er zu Weissen stein des weichbildes Sweidniz hat, Heinzen Behem und seiner Hausfr. Jutten, verkauft und aufge Lassen. Dat. Sweidniz fer. 4te. nach allenheil. anno 1409.
Testi Pezhold, Hannos Cziras, Pawlyne, Jeronimus.
Randnotiz:
Info 10 Mk Jz. auf Weissen Stein von Ulrich Schof Heinzen Behem
Anmerkung:
Janko von Chotiemicz war von 1407 bis 1414 Landeshauptmann von Schweidnitz-Jauer, der Vertreter der böhmischen Krone.
Ulrich Schof auf Neuen Hause war der Grundherr von Waldenburg-Neuhaus.
Heinzen Behem mit seiner Ehefrau Jutten war der erste dokumentierte Böhm im Waldenburger Bergland; der Namensstifter der Böhm-Sippe.