Böhm-Chronik



Burgbezirk/Grundherrschaft Schwarzwaldau

Burgruine Liebenau (poln. Czarny Bór)


Die Böheim/Behem von Schwarzwaldau

Das Grenzland war seit der Mitte des 11.Jhds. streitig zwischen Böhmen und den schlesischen Herzögen. Eine Grenze im heutigen Sinne gab es nicht. Es war ein fast unbesiedeltes Niemandsland. Die Nordgrenze von Böhmen in der Schwarzwaldauer Gegend war um 1350 der Lässigbach. Eine Belehnung (Verleihung) erfolgte deshalb durch den König von Böhmen.

Bolko I. (+ 1301) 'der Burgenbauer', Herzog von Schweidnitz, war zeitweilig 'in böhmischen Diensten', wird aber später päpstlicher Vasall gegen Böhmen. Heinrich, Herzog von Jauer und Onkel von Bolko II von Schweidnitz-Jauer, besetzte Teile der Lausitz 1319 - die ein böhmischen Lehen waren - , muß alles nach vielen Streit Böhmen abtreten und tritt dann doch in ein vasallenähnliches Verhältnis mit Böhmen. Bolko II. (Enkel von Bolko I.) stützt sich erst auf Polen und Ungarn, tritt aber nach 1350 in engere Beziehungen zu Böhmen, d.h. Kaiser Karl IV. dem schlesischen Lehnsherrn.

Herzog Bolko II. von Schweidnitz-Jauer vererbte das Herzogtum an seine Nichte Anna, Gemahlin Kaiser Karls IV., durch die das Herzogtum 1392 direkt an Böhmen (lat. Boiohaemum) kam. Es gab demnach im Grenzland Burgen und feste Häuser mit einer eigenständigen Lehnsabhängigkeit von Prag. Dies ist aus Schweidnitzer Sicht äußerst 'unbotmäßig' [Böhmsches Lehen -> Böhmischer Lehnsmann -> Behmischmann -> Beheim/Behem]. Das könnte erklären, woher die böhmischen Edelleute kamen, die sicher im heftigen Widerspruch zum einheimischen angestammten schlesischen Adel standen, dessen Rechte und Einnahmen sie gewiß beträchtlich beschnitten. Wahrscheinlich gehörten die Schwarzwaldauer Böheim/Behem zu ihnen! Es ist ja bekannt, daß die Bohemisierungpolitik Kaiser Karls IV. - neben der Schwäche seines Sohnes und Nachfolgers als böhmischer König, Wenzel IV. - einer der Gründe für das spätere Aufkommen der hussitischen Bewegung und die durch sie hervorgerufenen Wirren war.

Zum Widerstand von Teilen des Adels gegen Herzog Bolko II.
In diesem Zusammenhang der Text aus einer Urkunde von 1365
[die Unterwerfung der Burgen erfolgte bereits 1355]:
"Subdidit (Bolko) sibi omnia castra terrae Suidnicensis sibi resistentia videlicet
Cunradiswalde, Swarczewalde, Ceisikperg, item extra terram Vrewdinberg."

Deutsche Übersetzung:
"Er (Bolko) unterwarf sich alle Burgen des Schweidnitzer Landes, obwohl sich ihm Konradswaldau, Schwarzwaldau und Zeisberg widersetzten, ebenso außerhalb des [Schweidnitzer] Landes Freudenberg."
Zur Geschichte von Schwarzwaldau von Dr. Werner Rudolf
Behem erwähnt von 1333-1402, Seiten 20-28




Die Beheim / Behem als kleiner Dienstadel

Böhmforscher Kurt Tschersich versuchte in seinem 1930 erschienenem Buch "Aus Weißsteins geschichtlicher Vergangenheit" , sowie Emil Tschersich (1936) in "Wie wurde das Waldenburger Bergland deutsch?" eine Verbindung von dem Rittergeschlecht der Beheime/Beheim/Behem/Böheim/Böhmen [Anmerkung: Die deutsche Schreibweise war noch nicht geregelt] von Schwarzwaldau zur Weißsteiner Böhm-Sippe aufzuzeigen. Emil Tschersich vermerkt auf S.56 "Das hus oder die veste Swarczenwalde, im Weichbilde Landeshut gelegen, gehörte zu denen, die unter Herzog Bernhard (+ 1326) unbotmäßig wurden, deren Ritter aber unter dem Herzog Bolko II von Schweidnitz 1355 sich zügeln liessen. Doch da konnte selbst der Herzog den Herren von Böheim, Witigo Vater und Sohn, die ihnen [vom König von Böhmen] über ihre Güter und Dörfer verliehene Dominalgewalt nicht mehr nehmen. Der Enkel bzw. Sohn [Anmerkung: von Witigo Vater bzw. Witigo Sohn, dieser auch Witche genannt] Sigismund, genannt von Swarczenwalde, war zugleich Erb- und Gerichtsherr über die im Zinsbriefe aufgeführten drei Nachbardörfer geworden. [...] Ritter Witche Behem hatte 1371 seiner Frau Jutta [mit großer Wahrscheinlichkeit von Czirne oder von Seidlitz - hierzu sind sich die Forscher noch nicht einig] das 'hus Swarczenwalde' zum Leibgedinge [Witwengut] verschrieben; sein Sohn Sigismund hatte Katharina von Ronaw zur Gattin.[...] 1401 hatte die genannte Frau Jutthe [Ehefrau des Heinzce Behem] ihren Brüdern Heincz, Hans, Bernhard und Tristram, gen. von Redern, "ihre Gerade [>> Geräte] auf Schwarzwalde verreicht [Vererbung des persönlichen Eigentums]."

Burg Schwarzwaldau (auch Burg Liebenau/Lybenow genannt):
Einige Trümmer (Stand 1925) befinden sich in der Nähe von Wittgendorf auf einem aufgeworfenen Hügel inmitten einer sumpfigen Wiesenniederung. Spuren eines Rundturmes sind erkennbar. Die moorige Umgebung gewährte der Burg zusätzliche Sicherheit.
"Das hus vnd veste Swarczenwalde"
Burgruine Liebenau (Castrum Schwarzwaldau)
Die frühe Ortsgeschichte von Czarny Bor (Schwarzwaldau) erschienen im polnischen Kirchenblatt "Pod Borem"
Czarny Bór - Historia i wspólczesnosc Auszüge zu BEHEM im 14.Jh. (in Polnisch) von Ks. Wladyslaw Stepniak
Deutsche Übersetzung
Czarny Bór in Wikipedia (in Polnisch)
Zur Herkunft der Behem von Schwarzwaldau
von Dr. Werner Rudolf (Mai / Dezember 2010, 2.Version).
Zur Herkunft der Behem von Schwarzwaldau von Dr. Werner Rudolf (Mai / Juni 2013, 3.Version).




Günter Wunder veröffentlichte im "Waldenburger Heimatbote" (Mai-Oktober 1992) eine Artikelserie über Schwarzwaldau, leider ohne Quellenangaben. Obwohl die Zahlen zur Frühgeschichte meines Erachtens etwas fragwürdig sind, möchte ich sie aber trotzdem hier wiederholen:
"Das Dorf Liebenau (Lybenow) zehntete 1240 von drei fränkischen Hufen (72,6 ha), Konradswaldau (Conroczwalde) von vier Hufen, Liebersdorf (Lybrichsdorf) ebenfalls vier Hufen und Schwarzwaldau von 36 Hufen. Scholtisei und Rittergut erhielten das zins- und zehntfreie Sechstel (sechs Hufen); eine Kirche brauchte nicht bedacht zu werden, da das Dorf nach Konradswaldau eingepfarrt war. So konnten etwa 15 Bauern im Schnitt je zwei Hufen erhalten. Der Erbscholz besaß ein zusätzliches Einkommen aus Kretscham (Dorfgasthaus) und Mühle. Die Hörigen von Liebenau traten als Freigärtner deutschen Rechts in die kleine Gemeinde ein. Die niedere Gerichtsbarkeit wurde vom Grundherrn ausgeübt, die höhere vom herzoglichen Landvogt."

Zu dem Burgbezirk/Grundherrschaft von Schwarzwaldau gehörten in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vermutlich auch die drei Nachbardörfer:
Hermannsdorf = Hermsdorf
Weyßen Stein = Weißstein
Aldewasser = Altwasser
"1394 kaufte Ulrich Schoff auf Neuhaus das Gut und Dorf
Dyterichsbach = Dittersbach
dem Schwarzwaldauer Grundherrn ab und zahlte bis 1400 den auf ihn fallenden Anteil Zinsen an den jetzigen Gläubiger weiter."

Die bisherige Forschung in den Landbüchern lässt die Andeutung zu, dass die Grundherrschaft Schwarzwaldau mit allem Zubehör einschliesslich der drei Dörfer Gabelaw, Anewaldisdorf und Dyterichsbach, aber offenbar nicht die Burg, ein Afterlehen an die Behem war, vermutlich von den Czirne oder von den Seidlitz als Lehensgeber. Die Burg war jedoch ein herzogliches Burglehen. Die Behem und die Seidlitz waren eng liiert, so siegelte um 1400 ein Ian (Jan,Johann,Hannos) Beheim mit dem Siegel der Seidlitz (Drei Fische). Siehe Nachtrag: Drei-Fische-Wappen Beheim.

Die Behem hatten Schwarzwaldau vermutlich bereits vor 1355 als Lehensmänner der Czirne bzw. der Seidlitz übernommen. Um 1355 ist Liebenau im Zuge einer Gebietsneuordnung (Territorienbildung der Schweidnitzer Piasten: Burgbezirke bzw. Burgherrschaften zu Grundherrschaften) im benachbarten Schwarzwaldau aufgegangen. Vorher war die Burg mit dem Lässigbach die Grenze zu Böhmen. Die Burg Liebenau erhält nun den Namen "castrum swarczinwalde" oder "Veste Swarczinwalde". Ritter Sigismund nannte sich nach ihr "von Swarczenwalde". Weiter mit Emil Tschersich: "Eigenartig war das Wappen derer von Beheim! Im roten Schilde ein goldener Triangel, an dem drei goldene Schlüssel mit ihren Ringen schächerkreuzweise befestigt sind. Seit wann Weißstein aus einem Herzogsdorfe ein Adelsdorf geworden war, zur Herrschaft Waldenburg-Neuhaus geschlagen, wissen wir nicht; es wird zwischen 1368 und 1391 geschehen sein. Der Rittersitz am Gleisberge [jetzt: Waldenburger Stadtpark] ging ein; vom Vorwerke wurden 12 Ruten von Waldenburg her mit bewirtschaftet, 7 Ruten in ein Lehnbauerngut verwandelt; 8 Ruten zählte die Scholtisei." Im Jahre 1409 belehnt nun der obige Grundherr von Waldenburg-Neuhaus, Ulrich Schof, dem Heincze BEHEM mit dem Adelsgut in Weißstein, dem herzoglichen Lehnsgut als Afterlehen. Es war nordwestlich von Waldenburg, vom Leisebach/Hellebach zum Salzbach, einschl. Fuchs-Berg, gelegen. Aus dem Weißsteiner Rittersitz wurde später der heutige Waldenburger Stadtpark. Ulrich Schof war ein einflussreicher Ritter am Hofe Bolko II und Henczko Beheme bzw. Heincze Beheim wird von 1396 bis 1407 in den herzoglichen Landbüchern oft als Urkundenzeuge erwähnt.


Durch die Registrierung der Lehen im herzoglichen Kanzleiregister der Piasten und damit die Festigung des deutschen Lehensrecht war wohl der letzte Schritt von einer Stammesherrschaft (Faustrecht/ Ersitzen/Besetzen eines Besitzes) zur Territorialherrschaft getan (Stammesverband -> Gefolgschaft ->Lehenswesen -> Grundherrschaft). Ursprünglich waren es reine Kastellaneien ohne Territorialherrschaft. Im Fürstentum Schweidnitz-Jauer gab es 1369 noch 17 Burggrafen (Kastellane). Ein weiterer Beweis, dass das Verwaltungssystem der Kastellaneien der Piasten langsam zu Grundherrschaften (ländliche/dörfliche Selbstverwaltung unter Führung des niederen Landadels) umgewandelt wurde. Dies geschah über einen längeren Zeitraum ... und was machte man zwischenzeitlich mit dem Überbleibsel, den Burggrafen (Kastellane)? Sicherlich eine interessante soziologische Entwicklung dieser Gruppe, welche wohl auch die Behem durchmachte.

Mit der Stärkung des Territorialfürstentums bildete sich allmählich eine neue Verwaltungsstruktur, die der Grundherrschaften, heraus. Mit problematischen Folgen, denn mit der zunehmenden ökonomischen und politischen Macht der Städte sowie der aufkommenden Geldwirtschaft geriet vor allem der niedere Feudaladel (bäuerliche Kleinadel) in eine permanente Krise, die sich zum Teil im Raubritterunwesen widerspiegelte. Damit verloren viele Burgen ihre grundherrschaftliche Bedeutung, viele sanken zu Raubritternestern herab. Viele Ritter schafften den Wandel vom Berufskrieger zum landwirtschaftlichen Grundherrn nicht. Neben den Fürsten, die eigene Territorien herausbildeten, behauptete sich eine Anzahl mächtiger Adelsgeschlechter, die sich ihre eigenen Herrschaften ausbauten. So auch die von Seidlitz, die - wie damals üblich - grosse Teile ihres Einflussgebietes mittels einer ausgewogenen Heiratspolitik (Verteilung des Besitzes als Afterlehen an anverwandte Familien) ihre eigene Territorialverwaltung stärkten. Das Denken jener Zeit (bis ins 14./15. Jh.) bewegte sich weiterhin in Stammes- und Familienstrukturen. Familien, welche sich bis dahin nicht in den Herrschaftsstrukturen etablieren konnten, sanken ab.

In einem Aufsatz von Dr. Radler "Aus der Geschichte des Kreises Schweidnitz" unter 'Händel und Fehden der Schweidnitzer und Striegauer Ritter' fand ich einen bemerkenswerten Abschnitt zur Entstehung des Raubrittertums im 14. Jahrhundert:
"Wie überall im Reiche standen sich die Ritter und Städte nicht sehr freundschaftlich gegenüber, das Verdrängen der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft (Frühkapitalismus) mag der Hauptgrund gewesen sein. Das Geld blieb in den Städten, besonders bei den Kaufleuten, die reich und mächtig wurden, während die Ritter, zu deren Bildung Lesen und Schreiben nicht erforderlich war, mit ihrer veralteten Naturalwirtschaft ins Hintertreffen gerieten, manchmal sogar verarmten. Man beschimpfte sich gegenseitig, die einen fluchten auf die 'Krautjunker', die anderen auf die 'Pfeffersäcke'. Und vielleicht öfter als es nötig war, wurde das Schwert gezogen, wobei Fehdelust und Kampfesmut der Ritter sicher auch erheblich mitspielten."

In verschiedenen heimatkundlichen Büchern erscheinen Beiträge über das Raubrittertum, besonders wird auch die Veste Schwarzwaldau erwähnt, ohne es aber mit genauen Daten zu belegen. Standen die Schwarzwaldauer Böhmen im Dienste der einflussreichen Grundherrschaft Waldenburg-Neuhaus, des Grundherrn Ulrich Schof ? Später wurde der Name Schaffgotsch angenommen. Waren die Böhmen vielleicht sogar die Eintreiber der Wegebenutzungsgebühr für Schoff und kamen deshalb bei den ‘Pfeffersäcken’ (Kaufleuten) in schlechten Ruf? Bekam dafür 1409 Heincze Behem von Ulrich Schoff das Adelsgut in Weißstein als Afterlehen? Nur eine von mehreren Möglichkeiten. Viele interessante Fragen, die vielleicht nie genau beantwortet werden können.

Nein, die neueste Forschung ergibt folgendes Bild:
Als König Johann von Böhmen bei seinem Feldzug gegen Schweidnitz im Jahre 1345 Landeshut eroberte, fielen ihm auch die Gebiete im Umfeld, darunter Schwarzwaldau und Konradswaldau, zu. Bolko II. eroberte zwar 1348 Landeshut zurück, die beiden Burgen aber bleiben in böhmischer Hand. Der polnische Historiker Golinski stützt sich in bei dieser Aussage auf ein gewisses Dokument von Johann von Luxemburg . König Johann bestimmte für die eroberten Burgen (Schwarzwaldau, Konradswaldau und Weißstein) einen Mann seines Vertrauens als Burggrafen: Diesen fand er in dem aus Böhmen stammenden Ritter Witigo von Rodov, der bereits seit längerer Zeit ein Vasall des Herzogs von Münsterberg war. Das Herzogstum Münsterberg hatte sich bereits unter entsprechendem Druck Böhmen unterstellt.

Stepniak (Ortschronist von Czarny Bór/Schwarzwaldau) schreibt über die Bündnisvereinbarungen zwischen Böhmen und Schweidnitz-Jauer und führt dann aus: "Da akzeptierte auch Bolko II. den Ritter Witigo I., dem König Karl I. diese Burgen zum Lehen gegeben hatte, auf den Burgen Schwarzwaldau (veste Swarczewalde) und Konradswaldau (veste Conradiswalde). Der Grund, weshalb Bolko II. damit einverstanden war, war die Eheschließung zwischen Ritter Wittigo I. und einer schlesischen Adeligen [mit großer Wahrscheinlichkeit von Czirne oder von Seidlitz]. Dadurch kam das von Wittigo I. verwaltete Gebiet in den Machtbereich von Fürst Bolko II., der die Vergabe dieses Lehens bestätigte."

Abhandlung von Kurt Tschersich (1930) über den Zinsbrief von 1409 des Heincze BEHEM.



Text:
Vor Janke eto hat Ulrich Schof vom Newenhawse 10 Mk Jz. in und auf alles sein Gutt, das Er zu Weißen stein des weichbildes Sweidniz hat, Heinzen Behem und seiner Hausfr. Jutten, verkauft und aufge Lassen. Dat. Sweidniz fer. 4te. nach allenheil. anno 1409. Testi Pezhold, Hannos Cziras, Pawlyne, Jeronimus.
Randnotiz:
Info 10 Mk Jz. auf Weißen Stein von Ulrich Schof Heinzen Behem
Anmerkung:
Janko von Chotiemicz war von 1407 bis 1414 Landeshauptmann von Schweidnitz-Jauer, der Vertreter der böhmischen Krone. Ulrich Schof auf Neuen Hause war der Grundherr von Waldenburg-Neuhaus.
Siehe auch:
Der Niedergang des Rittertums in Niederschlesien
Stammtafel der Böhmen von Schwarzwaldau
Verzeichnis der Ortschaften von Erwähnungen der v.Rodov, Beheim und Behem



Wappen




Wappen der Ritter Beheim/Böheim/Behem
von Schwarzwaldau 14.Jhd.
Dieses Wappen hat der Neue (ab 1854) Siebmacher,
Band Schlesien Abgestorbene 3. Teil, 1894, Seite 70, Tafel 42, veröffentlicht. Es wird hierzu ausgeführt: "Mit diesem Namen bringt..." [der Alte, 1605] "...Siebmacher unter dem schlesischen Adel nachstehendes Wappen, ohne dass jedoch das Geschlecht eruirt hätte werden können."
Zeitgenössische Darstellung aus dem 17. Jhd., womöglich von einem Grabdenkmal aus einer schlesischen Kirche. [Handschriftensammlung der Landesbib. Hannover, Signatur Ms VIII 652, Wappensammlung aus dem 17. Jhd., Geschenk Sr. Kön. Hoh. d. Herzogs Adolf v. Cambridge, folio 103]




Wappen im Palac Jedlinka / Schloss Tannhausen (2007)

Wappenbeschreibung:
Im roten Schilde ein goldener Triangel an dem drei Schlüssel mit ihren Ringen schächerkreuzweise befestigt sind.

Deutung des Wappens:
Ein "redendes" Wappen. Die Schlüssel deuten auf Schlüsselgewalt als Kastellan über drei Burgen. Der Triangel galt als Zeichen für etwas Gutes (heilige Dreifaltigkeit)!





Wappen im Rietstap's Armorial
Blazon: De gueules, à un triangle d'or, et trois clés du même, passées dans le triangle et mises en pairle.




Herren v. Beheim (aus Schlesien)
MIN, Seite 86, Tafel LXVI, 1605

von Schwarzwaldau (Landeshut), 14.Jh.
Erloschener Adel
Siebmacher, Band Schlesien
Abgestorbene 3.Teil, 1894
Seite 70, Tafel 42






Wappen im Rietstap's Armorial
Blazon: Écartelé de sable et d'or, à la fleur-de-lis de l'un en l'autre.




Herren v. Behem (aus Schlesien)
MIN, Seite 84, Tafel LXIV, 1605

von Zopkendorf (Neumarkt)
aus Breslau stammend, 15.Jh.
(Der nach 1400 verschollene Zweig der Beheim?)
Erloschener Adel
Siebmacher, Band Schlesien
Abgestorbene 3.Teil, 1894
Seite 159, Tafel 104


Adelswappen aus dem "New Wapen-Buch, darinnen dess H. Roem. Reichs Teutscher Nation hohe Potentaten, Fuersten, Herren und Adelspersonen ... Wapen", herausgegeben von Johann Siebmacher, Norimbergae (Nuernberg), 1605.
Zum Wappen Behem v. Zopkendorf: Dieses Wappen wurde um Anfang des 19.Jahrhunderts von einer noch blühenden adligen Familie "von Böhm" - deren Mitglieder theilweise auch sich "von Böhm-Bezing"nannten - angenommen. Quelle: Siebmacher, Band Schlesien, Abgestorbener 3. Teil, 1894, Seite 159.



(1) Auszüge aus dem Liegnitzer Urkundenbuch:
"No. 453. 1411. Sept. 28
Die Gebrüder Nickel und Peter, genannt BEHEME, Erbherren zu WOYCZEGISDORF [Woitsdorf Kreis Goldberg-Haynau], bekennen, dass ihr Untersasse, Niclos NAYL, für 5 Mark Gr. Böhm. Münze und Pol. Zahl, dem Francz BROSTEL, Pfarrer zu Woyczegisdorf eine halbe Mark Zins auf seinen acht Ruten verkauft hat. - Montag vor Michaelis.
O.d.St.L.No. 234. An Pergamentstreifen ein kleines Siegel in schwarzem Wachs, im Wappen drei Schlüssel mit der Umschrift Petir Boeme."





(2) In "Herbarz Szlachty Slaskiej" von Roman Sekowski, 2002, wird als Bibliogafie SINAPIUS, t.I, s. 249 folgender Abschnitt aufgeführt:

BEHEM/BEHM (Wappen mit der Lilie) "Wedlug Sinapiusa - slaski rod rycerski znany od poczatkow XV wieku, Matis BEM ze Slaska bral udzial w bitwie pod Grunwaldem po stronie krzyzackiej, w tym samym 1410 roku. Hanus i Peter BEMOWIE byli wlascicielami Wojciechowa (Woitsdorf) kolo Zlotoryi (Goldberg). Brak jednak podstaw do uznania ich za przedstawicieli omawianego tu rodu. Herb BEHMOW jest prawie identyczny z herbem BONEROW (polska BONAROWA) i HENSCHLOW. [...]"

"Nach Sinapius - schlesisches Rittergeschlecht bekannt von Anfang des 15. Jahrhunderts, nach Blazek - breslauer Patriziergeschlecht bekannt erst Anfang des 16. Jahrhunderts. Matthias BEM von Schlesien war Teilnehmer in der Schlacht von Grunwald auf Seite der Kreuzritter im Jahr 1410. Hannos und Peter BEHEM waren Besitzer in Woitsdorf Kreis Goldberg. Es ist jedoch schwierig über grundlegende Kenntnisse zu diesem Geschlecht zu berichten. Das Wappen der BEHEM [Lilie] ist nahezu identisch dem der BONER und HENTSCHEL.[...]"

ANMERKUNG:
Falls obiger Zusammenhang stimmen sollte - zwei verschiedene Wappen in einer Familie an einem Ort - dann ist in WOYZEGISDORF [Woitsdorf, Kreis Goldberg-Haynau], die Trennung der Familiezweige durch separate Wappen (drei Schlüssel bzw. Lilie) erfolgt. Warum ? - die grosse Frage !
Meine Theorie:
Möglicherweise war das Wappen mit der Lilie ein Mannschaftswappen - ähnlich denen einer polnischen Wappengenossenschaft - aus der Schlacht von Grunwald 1410, denn nach 1410 taucht das Wappen bei Hannos Behem erstmalig auf. In leicht abgewandelter Form wurde es dann als Familienwappen der einzelnen Familien, deren Angehörige an der Schlacht teilnahmen, geführt: BONER, HENTSCHEL, BEHEM/BEHM.




Ausserhalb der Kirche von Deichslau (Dzieslaw), Kreis Wohlau, befindet sich die Grabschrift (Epitaph) von Moritz von Braun, *1564, +30.5.1609, dabei die Wappen der Eltern: von Braun, von Tschammer, die Wappen der Familien der Grossmütter von Behem / Beheim [Wappen mit Lilie] (Grossmutter väterlicherseits), von Lest. Moritz von Braun ist ein Vorfahre von
Wernher von Braun (Raketenkonstrukteur). Siehe auch: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde, Volume 11, Seite 232
Anmerkung: Weiterer Besitz (siehe Absatz 6, Schluss) der Böhmen von Schwarzwaldau im Kreis Frankenstein bis 1396.

Das Rittergeschlecht der Böheim/Behem von Schwarzwaldau hörte dann Ende des 14.Jh. auf in Erscheinung zu treten. In den Siebmacherbüchern ist der Name aufgeführt, siehe oben. In dem Verzeichnis der Adeligen in der Hochbergschen Majoratsbibliothek zu Fürstenstein konnte jedoch bis jetzt nichts gefunden werden.

Obwohl in Siebmachers Wappensammlung von 1605 'Die Beheim' als Schlesische Ritter aufgeführt sind, wurden sie ebenfalls im Siebmacher 1701-1772, "Band Schlesien, Abgestorbene, 3. Teil" veröffentlicht. In den später erschienenen Adels-Almanachen sind sie nicht mehr genannt worden, da die Auflistungen von Einsendungen der Familien abhingen und die Familie sicherlich schon im 15.Jahrhundert aus dem Dienstadel ausgeschieden ist, d.h. aus kleineren und für die schlesische Landesgeschichte unbedeutenden Edelleuten wurden über das herzogliche Lehnsgut des Heincze Behem grössere Bauern (Kohlenbauern, Kuxeninhaber).
Stammliste der Kohlenbauernsippe Böhm



Vorgeschichte in der Lausitz und in Böhmen

Die Beheim/Behem von Schwarzwaldau waren ein Ministerialengeschlecht des niederen Adels (Ritter und Edelknechte), das deutscher Herkunft war und ursprünglich im Raum Grossenhain im heutigen Sachsen (Radow, Rodow) sass. Der Bezirk Grossenhain, die sogenannte Hainer Pflege, war zur Zeit der grossen Machtentfaltung Böhmens von 1076-1135 der übrigen Mark Meissen getrennt und gehörte zur Lausitz. Anfang des 11. Jahrhunderts gründete Jaromir, ein Fürst der Premysliden, Jaromer bei Königsgrätz, welches unter Ottokar I. Premysl (*um 1155, +1230) zur Königsstadt erhoben wurde. Grossenhain wurde wahrscheinlich 1088 vom böhmischen König Wratislaw gegründet als Feste Gvozdec, sorbisch für "(kleiner) Hain". Fürst Jaromir hatte auch Besitz bei Grossenhain. Hier könnte ein Zusammenhang der Behem zu Jeromer bei Königsgrätz bestehen. Glieder der Familie gingen vermutlich als fürstliche Gefolgschaft in das Stammland Böhmen in die Gegend von Jaromer und nahmen den Namen Rodov für ihr Lehen in Böhmen aus ihrer alten Heimat mit. Andere Mitglieder der Familie kamen vermutlich, wie auch andere Siedler, über die Oberlausitz nach Schlesien. Quelle: u.a. Dr. Gustav Schuberth "Die wichtigsten Erkenntnisse der Chronik von Grossenhain", 1897.

Wie hießen sie eigentlich, bevor die Böheim/Behem nach Schlesien kamen?
In verschiedenen Dokumenten steht von Rodov (kleiner Ort zwischen Jaromer und Königgrätz in Böhmen). Wurde als Namenszusatz "Die Böhmen" dann in Schlesien zugefügt? Für das Rittertum im Mittelalter war das Wappen viel wichtiger als der Nachname. Waren sie sogenannte Ministeriale? Die Herkunft des Namens Böhm (der aus Böhmen) ist sicher vielfältig. Speziell in unserem Fall vermute ich, daß er vor allem in seiner spätmittelalterlichen Form Behem/Behm(e) dann in Schlesien vielleicht ethnisch, also für Böhme/Tscheche gebraucht wurde. Könnte Witigo von Rodov aus einem Zweig des allerdings erst später erscheinendem alten böhmischen Rittergeschlechts Rodovsky stammen? Bavor Rodovsky von Hustir(z)an war Burggraf des Königgrätzer Krayses und Herr in Rotenburg. In der vorhussitischen Zeit schrieben tschechische Landadelige und Ministeriale ihren Nachnamen oft in der deutschen Form (von Rodov) und erst im Laufe der hussitschen Bewegung pflegten sie ihren Nachnamen in der tschechischen Form (Rodovsky) zu schreiben. Vor 1400 war ein Böhme entweder ein deutschstämmiger oder ein slawischstämmiger Bewohner Böhmens. Eine Trennung der Bevölkerung nach Deutschböhmen und Tschechen begann erst nach der hussitischen Bewegung.

Eine kleine Kirche liegt bei dem Dorf NEZNAZOV im ehemaligen Herrschaftsgebiet der RODOVSKY, westlich von Jaromer und Smirice. Die Kirche wurde dem heiligen Vaclav gewidmet. Meine Vermutung, unsere "Böhmen von Schwarzwaldau" kamen in der ersten Hälfte des 14. Jhs. aus diesem Burggrafengeschlecht erhärten sich weiter durch folgende Indizien, nämlich:

Rodovsky: Bezug auf 'von Rodov'
Rodov: Dorf bzw. Gut im Herrschaftsgebiet
Gebiet: Herrschaft Hofenowes im Königgrätzer Kreise (1779)
Burg: Hustiran (Neznasov)
Dörfer und Güter: Rodov, Rarschitz, Habrina, Nesnassow, Czernozyc und Holohlavy
Vaclav-Kirche (Vaclav/Wenzel = tschechischer Nationalheiliger): - tschechischstämmige Böhmen
In dieser Pfarrkirche der Rodovsky in Chlum (Chloumek) sind folgenden Heiligenstatuen:
Heiliger Vit: Vytkone, Witigo, Vitek, Viticek (Witche) - Vornamen der Beheim von Rodov
Heiliger Zikmund: Sigismund - Vorname des Enkels bzw. des erstgeborenen Sohnes in Schlesien von Witche Behem. In einem Dokument von 1396 wird Sigismund als 'Sigmund von Schwarzenwald und Rodow' genannt.


Siehe auch:
Geschichte der Grundherrschaften im Waldenburger Bergland
Zur Geschichte von Schwarzwaldau



Beispiele zum besseren Verständnis der Geschichte:
Raubritter
aus Wikipedia
Raubrittertum im Spätmittelalter
Die Witigonen aus Böhmen
Das Mittelalter




Quellen:
Tschersich, Emil und Paschky, Bruno, 1936: "Wie wurde das Waldenburger Bergland deutsch?"

Tschersich, Kurt, 1930: "Aus Weißsteins geschichtlicher Vergangenheit"

Wunder, Günter: aus "Waldenburger Heimatbote" Juli 1992, Seite 15, 'Rund um den alten Turm von Schwarzwaldau'.

Bartsch, Heinrich: "Das Waldenburger Burgenland"

Häufler, Ludwig, 1930: "Forschungen zur Geschichte des Waldenburger Berglandes unter besonderer Berücksichtigung der Grundherrschaft Waldenburg-Neuhaus"

Häufler, Ludwig, 1932: "Die Geschichte der Grundherrschaft Waldenburg-Neuhaus unter Berücksichtigung der Industrielandgemeinde Dittersbach "

Häufler, Ludwig, 1932: "Urkunden und andere Quellen zur Geschichte des Waldenburger Berglandes"

Kröner-Verlag, 1977: "Handbuch der historischen Stätten, Schlesien"

Dr. Radler "Aus der Geschichte des Kreises Schweidnitz" unter 'Händel und Fehden der Schweidnitzer und Striegauer Ritter',
bereitgestellt von Volker Zimmer

Unterstützung bei der Bearbeitung erhielt ich von Günther Böhm aus Hilden und Ernst-Axel Hoffmann (Schlesien-Mailing-Liste).

Mein Dank für die Beschaffung der Urkunde von 1409 aus dem Staatsarchiv in Breslau geht an
Ilona Weikert und Martin Kluge früher Lohe Kreis Breslau.

Wappen "die Beheim"; Zeitgenössische Darstellung aus dem 17. Jh. aus einer Schlesischen Kirche.
Quelle: Handschriftensammlung der Landesbib. Hannover, Signatur Ms VIII 652, Wappensammlung aus dem 17. Jhd., Geschenk Sr. Kön. Hoh. d. Herzogs Adolf v. Cambridge, folio 103

Darstellung aus dem 17. Jhd., entnommen von einem Grabdenkmal aus der schlesischen Kirche von Deichslau bei Krehlau, auf dem Grabdenkmal von Moritz von Braun (*1563, +30.5.1609) ausserhalb der Kirche in Deichslau bei Krehlau mit den Wappen der vier Grosseltern. Die Anordnung des Wappen v. Behem (Wappen mit Lilie) deutet auf die Grossmutter väterlicherseits.
Ein Dank für die Hilfeleistung an Klaus Liwowsky.

Jurek, Tomasz, 1998, 450 Seiten: "Obce rycerstwo na Slasku do polowy XIV wieku - Foreign Knights in Silesia until the Middle of the 14th Century"

Unterlagen der Burgruine Liebenau "veste Swarczenwalde" durch Hilfeleistung von Andreas Richter, Waldenburg (Walbrzych).

Fotos der Burgruine Liebenau "veste Swarczenwalde" wurden freundlicherweise von Robert Gajda, Kamienna Góra (Landeshut) bereitgestellt.

Unterstützung bei der Beschaffung der Wappen aus den Siebmacherbüchern erhielt ich vom 'Institut Deutsche Adelsforschung'.

Meinen besonderen Dank für die geschichtliche Ausarbeitung der Beheim geht an Ks. Wladyslaw Stepniak, Pfarrer in Czarny Bór / Schwarzwaldau. Siehe auch: Pod Borem, 2003 und Pod Borem, 2002

Dank an die Mitglieder von Heraldik im Netz für die beigetragene Information.

Besonderen Dank auch an Dr. Werner Rudolf (Heimatforschung Schwarzwaldau) für die umfangreiche Hilfestellung zur Verwandtschaftsforschung der Beheim/Behem um 1400.

Zimmermann: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, Vierter Theil, Fürstenthum Münsterberg, 1785

Ks. Wladyslaw Stepniak (Pfarrer von Schwarzwaldau), 2007, Czarny Bór/Schwarzwaldau "Czarny Bór - Historia i wspólczesnosc" Deutsche Übersetzung

Mateucz Golinski, 2003, "Dane szczegolowe ksiazki"

Pod Borem
Beiträge zur Heimatgeschichte (in Polnisch)
Nr.137, Febr. 2005: "Pod Borem" w Nowym Jorku (New York), Seite 7;
Nr. 174, März 2008: Palac w Jedlince (Schloss Tannhausen)
Verbindung Behem zu Böhm, Seite 5;
Nr. 180 Sept. 2008: Legenda (Sagen), Site 2 und
Nr. 183 Dez. 2008: Legenda (Sagen), Seite 4 und 5

Dr. Gustav Schuberth "Die wichtigsten Erkenntnisse der Chronik von Grossenhain", 1897.






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