Böhm-Chronik



Kritische Anmerkungen zu Wappenbüchern




Kritische Anmerkungen zu Wappenbüchern


Oswald, Gert, Lexikon der Heraldik, Mannheim 1984, S.24:
"In Schlesien und der Lausitz konnte lange Zeit nur der Vierschildige, d.h. der von vier adligen Urgroßelternpaaren abstammende, teilhaftig an den adligen Privilegien werden. Wer einen Adel nachzuweisen hatte, führte die gemalten Wappenschilder seiner Vorfahren vor, die dann die Angehörigen der betreffenden Geschlechter beschwören mußten. Die schlesische Adelsprobe war rein heraldisch, in den übrigen Gebieten des alten Reichs bediente man sich der Ahnentafel in dem sämtliche zu beweisende Ahnen sowie deren richtige Wappen eingetragen sein mußten."
Diese Aufschwörung betraf offenbar nur den Uradel. Bis wann wurde es so gehandhabt?

Wir müssen unterscheiden zwischen Adel und Ritterschaft. Da ist in der Frühzeit ein gewaltiger Unterschied. Ein Adeliger - vor allen Dingen später, ein Briefadeliger - brauchte kein Ritter zu sein. Manchmal konnte er es auch nicht werden. Ritter konnte im Mittelalter jeder werden, der die Schwertleite erhielt und zwar nicht durch einen Adeligen, sondern durch einen anderen Ritter. Das Recht der Schwertleite wurde dann später durch die Dynasten ursupiert (widerrechtlich angeeignet). Für den Ritterschlag reichte es aus, wenn er frei geboren war und seine Eltern ebenso. Da es bis ca. 1500 auf der ganzen Welt kein geordnetes Wappenwesen gab, sind auch diese Aufschwörungen immer mit Vorsicht zu genießen.

Wie entstanden die Wappenbücher? Wer waren die Sponsoren? Welche Beachtung schenkte man damals den Herausgebern der Wappenbücher? Wie wurde ein abgestorbener Zweig eines Geschlechts erfasst? Es war doch niemand mehr da, der das melden konnte oder waren es manchmal vielleicht sogar sogenannte "befreundete Familien", die die Benachrichtigung vornahmen. Aus der Literatur ist bekannt, dass es auch rivalisierende Familien gab, die den Nachbarn die Adel-/Ahnenprobe innerhalb einer Aufschwörung besonders erschwerten.

Wappenbücher, die von Siebmacher und von Max v. Spießen z.B., wurden gedruckt, um damit Geld zu verdienen. Siebmacher und Spießen hatten dafür Sponsoren angeworben, die in den Wappenbüchern mit Ihren Wappen auftauchten. Siebmacher konnte den Kaiser gewinnen, allerdings ist nicht bekannt, ob er zahlte (chronischer Geldmangel) oder ob er nur das Druckprivileg erteilte. Genützt hat es jedenfalls nicht, Siebmacher war Konkurs. Bei Spießen haben auf jeden Fall ca. 300 westfälische Adelige und Bürgerliche die Auflage bezahlt. Sie sind auch gesondert auf den ersten Seiten des Buches aufgeführt.

Auf Grund der schlechten Nachrichtenverbindungen der damaligen Zeit, kann man sich nur vorstellen, daß bei Siebmacher viel vom Hörensagen eingeflossen ist. Das sieht man auch daran, daß viele, der von ihm im 1. Band (1599/1605) veröffentlichten Wappen einfach falsch sind. In den neuen Siebmacher-Folgen haben die Autoren auch nur die schlimmsten Fehler ausgebügelt. Einige Bände wurden gar nicht überbearbeitet.

Es hat nichts zu bedeuten, ob ein Wappen in einer Wappensammlung aufgeführt ist oder nicht. Auch bei einer Nichterscheinung in einer Wappensammlung kann ein gesuchtes Wappen existieren. Wappensammlungen gibt es in Deutschland viele, selbst der Siebmacher ist unvollständig. Von Millionen in Deutschland (Heiliges Römisches Reich) geführten Wappen ist nur ein verschwindend geringer Prozentsatz überhaupt in solchen Sammlungen vermerkt.

Es ist unwidersprochen, daß Ritter ein Wappen gehabt hatten. Viele Wappen wurden aber nie in irgendwelchen Wappensammlungen registriert. Oft wurden die dann bei Heimatforschern mehr beiläufig erwähnt. Diese Forscher haben sich meist mehr mit der Geschichte auseinandergesetzt, als mit der Heraldik. Deshalb sollte man in den regionalen Archiven gezielt nach diesen Unterlagen suchen.

Wappenbücher sollten immer mit Vorsicht genossen werden - bei der Familienforschung und auch sonst!

Siehe auch: Abgestorbene Zweige der Ritterschaft



Dank an die Mitglieder von Heraldik im Netz für die beigetragene Information.


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